Zum Hauptinhalt springen

Mit Gesprächen gegen Essstörungen

Von WZ-Korrespondentin Anna van Ommen

Wissen
Manchen wird schon vom Hinschauen übel. Foto: bilderbox

Neue Therapie hilft Bulimie- und Magersucht-Kranken. | London. Weihnachtszeit ist Schlemmerzeit. Für die meisten Menschen sind die Feiertage eine willkommene Gelegenheit, kulinarisch über die Stränge zu schlagen. Bulimiekranke oder Magersüchtige schauen ihnen allerdings oft mit Grauen entgegen. Schließlich ist für sie das Essen oder Fasten Teil eines zwanghaften Rituals. Doch jetzt kommt eine gute Nachricht von der Universität Oxford. Dort haben Forscher eine neue Gesprächstherapie entwickelt, die Heilung verspricht.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Im Rahmen der Studie für das "American Journal of Psychiatry" wurden 154 Personen mit Essstörungen untersucht und 20 Wochen lang wöchentlich in 50-minütigen Sitzungen therapiert. Bei den Gesprächen sollten die Patienten den Zusammenhang zwischen ihren Emotionen und ihrem Verhalten erkennen und einen entsprechenden Umgang mit diesen erörtern. Entwickelt wurde die Therapie von Professor Christopher Fairburn.

Der Psychiatrie-Experte entwarf zwei Behandlungsversionen - eine konzentriert sich auf Schwierigkeiten, die Patienten mit dem Essen haben, die andere berücksichtigt den Mangel an Selbstwertgefühl, der oft entscheidend für die Essstörungen ist. Bei zwei Dritteln der Patienten wurde in der Folge eine "komplette und lang anhaltende Besserung" festgestellt. Ein weiteres Drittel machte beträchtliche Fortschritte. Auch im Folgejahr, wenn Rückfälle am häufigsten vorkommen, zeigten die Studienteilnehmer gute Ergebnisse.

Susan Muir, aus Chesterfield in der Grafschaft Derbyshire im Herzen Großbritanniens, litt jahrelang an Bulimie. "Ich hatte ständig das Gefühl, fett, hässlich und wertlos zu sein - egal, ob andere das Gegenteil behaupteten", sagte die 39-Jährige. Nach Diät und Sport nahm sie zunächst rund 80 Kilogramm ab, erlitt dann allerdings Fressanfälle, die wiederum zu zwanghaften Fitnessprogrammen führten. Mit Hilfe der Gesprächstherapie gelang es Muir, ihr krankhaftes Verhalten in den Griff zu bekommen. "Es hat mir wirklich geholfen, mit meinem mangelnden Selbstbewusstsein klarzukommen und positiv zu denken."

Kognitive Verhaltenstherapien sind nicht neu, doch das maßgeschneiderte Programm der Universität Oxford bietet neue handfeste Beweise für ihre Wirksamkeit. Fairburn: "Erstmals gibt es eine spezifische Behandlung, die eine Mehrheit der Patienten effektiv therapieren und die Krankenhausaufenthalte vermeiden kann." Dies lässt auch Vertreter des chronisch an Geldmangel leidenden Gesundheitssystems in Großbritannien aufhorchen.

Gesprächstherapie

Dabei hat die Regierung schon das Heilungspotenzial von Gesprächstherapien erkannt. Im vorigen Jahr bewilligte Gesundheitsminister Alan Johnson rund 190 Millionen Euro für die Behandlung von Depressionen und Angstzuständen.

Nach Angaben der BBC sind rund sechs Millionen Briten im arbeitsfähigen Alter von psychischen Erkrankungen betroffen. Das kostet den britischen Staat rund 12 Milliarden Pfund im Jahr. Die neue Studie bietet einen Lichtblick für rund eine Million Menschen, die in Großbritannien an Essstörungen leiden.