Zum Hauptinhalt springen

Mit Gipsfuß oder Grippe in die Arbeit

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft
Wer krank ist, gehört ins Bett, aber sicher nicht an den Bürotisch. Foto: corbis

Was ist im Krankenstand erlaubt? | Dem Arbeitgeber drohen sozialversicherungsrechtliche Folgen. | Wien. Es kommt viel zu häufig vor, dass kranke Mitarbeiter arbeiten gehen oder ihre Arbeit vom Krankenbett zu Hause aus erledigen, sagt Irene Holzbauer. Die Arbeiterkammer-Expertin hält diese Praxis für schädlich. "Entweder man kann arbeiten oder nicht. Es gibt keinen Teilkrankenstand", erklärt sie im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Generell ist es dem Mitarbeiter nicht verboten, trotz Krankenstands zu arbeiten, weiß der Rechtsanwalt und Arbeitsrechtsexperte Georg Grießer. Wenn die Krankenkasse davon erfährt, könnte das jedoch Konsequenzen nach sich ziehen. Laut Helmut Ivansits von der Arbeiterkammer (AK) Wien kann der Chefarzt den kranken Mitarbeiter etwa gesundschreiben. Damit verliert dieser auch den Anspruch auf allfälliges Krankengeld.

Chef in der Klemme

Auch für den Chef kann es unter Umständen unangenehm werden, wenn ein kranker Mitarbeiter freiwillig arbeiten kommt. Hat der kranke Arbeitnehmer nämlich einen Arbeitsunfall, muss der Chef dafür möglicherweise in die Tasche greifen. Wenn zum Beispiel ein Bauarbeiter mit Wissen des Chefs trotz hohen Fiebers auf den Gerüsten einer Baustelle herumklettert und von dort hinunter stürzt, muss sich der Arbeitgeber laut Grießer grobes Verschulden vorwerfen lassen. Ihn trifft - anders als sonst - eine Haftung für den Arbeitsunfall. Die Unfallversicherung kann die Leistung folglich verweigern beziehungsweise an den Arbeitgeber Regressforderungen stellen.

Es könnte noch schlimmer kommen, wenn sich das Arbeitsinspektorat einschaltet. Dieses kann gegen den Arbeitgeber Strafen verhängen, was laut Grießer in der Praxis aber eigentlich nie vorkommt, weil Strafen nur bei wiederholten Verstößen gegen das Arbeitsrecht verhängt würden. Der Rechtsanwalt warnt allerdings vor den möglichen strafrechtlichen Konsequenzen, wenn ein kranker Mitarbeiter einem Dritten einen Schaden zufügt. In diesem Fall würde neben dem Arbeitnehmer selbst auch der Chef haften.

Anrufe nur im Notfall

Der Arbeitgeber darf jedenfalls nie verlangen, dass ein kranker Mitarbeiter arbeiten kommt - das würde seiner Fürsorgepflicht zuwiderlaufen. Eine solche Forderung des Chefs kann man daher ohne schlechtes Gewissen zurückweisen.

Genauso wenig dürfen der Chef oder andere Mitarbeiter des Unternehmens einen kranken Kollegen mit Anrufen bombardieren. "Wer krank ist, muss dem Unternehmen nur dann für Auskünfte zur Verfügung stehen, wenn dem Unternehmen sonst ein Schaden droht", präzisiert AK-Expertin Holzbauer. Tägliche Anrufe und Fragen gingen "sicher zu weit". Schließlich muss man im Krankenstand alles tun, um so rasch wie möglich wieder gesund zu werden.

Wer das nicht tut und zum Beispiel spazieren geht, statt das Bett zu hüten, muss sogar mit einer fristlosen Entlassung rechnen. Was erlaubt ist und was nicht, muss allerdings immer im Einzelfall beurteilt werden. So kann es laut Holzbauer für einen psychisch kranken Mitarbeiter etwa durchaus gesundheitsfördernd sein, wenn dieser an die frische Luft und unter Leute kommt.