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Mit Goldmedaillen gegen Peter Schröcksnadel

Von Christoph Rella

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Manchmal braucht gut Ding Weile oder jemanden, dem man es richtig zeigen will.


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Fast acht Jahre sind es nun her, als sich Ex-ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel im Rahmen einer Pressekonferenz bei den Olympischen Winterspielen 2014 im russischen Sotschi zu einer provokanten, aber deswegen nicht unbedingt richtigeren Aussage verstieg, die ihm wohl noch sein Leben lang verfolgen wird. Der alte Kalauer, wonach Austria "too small" sei, um "good doping" zu machen, ist freilich nicht gemeint. Der stammt bereits aus dem Jahr 2006, als Österreich das seltene Kunststück gelang, seine eigene Rekordleistung bei Olympia in Turin - nämlich den Gewinn von so vielen Medaillen wie nie zuvor - durch wenig schmeichelhafte TV-Bilder, welche die Polizei beim Durchsuchen des Teamhotels der heimischen Biathleten zeigten, zu konterkarieren.

Während die Doping-Geschichte damals, ebenso wie das Vorgehen der Beamten übrigens, einfach nur ein Skandal und das Zitat des ÖSV-Chefs einfach nur "dumm" war, wie Schröcksnadel später bedauerte, war hingegen das, was er an jenem 21. Februar 2014 in Sotschi über das österreichische Snowboard-Team zu sagen hatte, offenbar wirklich ernst gemeint. "Wenn man", dozierte der Tiroler damals vor versammelter Presse, "nach 50 Metern im Snowboard-Cross zehn Meter hinten ist, kann man nix gewinnen. Das ist noch eine Partie, die leider sehr unprofessionell ist." Materialisiert sah der ÖSV-Boss die "Unprofessionalität" dann ausgerechnet in einem gewissen Benjamin Karl, der sich anhören musste, es bei seinem jüngsten Antreten im Parallelslalom bei Olympia "vergeigt" zu haben und er, sein Präsident, damit keine Freude" habe. "Da werden wir als Verband drauf schauen, dass da mehr Professionalität einkehrt", schob Schröcksnadel noch nach.

Die Aussage hat dem Mann viel Kritik eingebracht, vor allem, als das Snowboard-Lager mit Julia Dujmovits schon tags darauf die einzig richtige Antwort gab und Gold im Parallelslalom holte. Dass der Triumph der Athletin kein Einzelfall geblieben ist und mit Anna Gasser 2018 in Pyoengchang (Big Air) und jetzt zuletzt mit Karl 2022 in Peking (Parallelriesenslalom) neuerlich Snowboarder zu Gold gesprungen beziehungsweise carvt sind, zeigt, dass von fehlender Professionalität keine Rede sein kann. Und auch, dass Gasser am Diestag in Peking mit einem spektakulären Sprung im Big Air ein zweites Mal Gold geholt hat, hat diese Tendenz noch einmal bestätigt.

Nun kann man ja als Skifahrer von den Einzelbrett-Akrobaten halten, was man will, den Sport, dessen Lehrjahre vor allem von viel Liegen und blauen Flecken begleitet sind, als gesundheitlich bedenklich oder unästhetisch bezeichnen. Eine solche, wenn auch nur oberflächliche Kritik ist gewiss legitim. Etwas anderes ist es hingegen, sich mit Blick auf Profis ein Urteil anzumaßen und von Unprofessionalität zu reden, wo keine ist - sei es, weil man den Sport nicht mag oder weil man ihn schlicht nicht versteht. Im Fall von Schröcksnadel wird wohl beides eine Rolle gespielt haben. Mittlerweile wird auch er es anders sehen, was aber nichts daran ändert, dass sich Worte, einmal ausgesprochen, nicht mehr zurücknehmen lassen. Für die Snowboarder spricht, dass sie sich dadurch nicht entmutigen ließen und lassen. Manchmal braucht halt gut Ding nicht nur Weile, sondern auch jemanden, dem man es richtig zeigen will.