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Mit Gottes Segen und den Stimmen der Enttäuschten

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Rekos: Ewald Stadler gibt der christlichen Rechten ein Programm.


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Wien. Bei der FPÖ und dem BZÖ musste er sich noch zurückhalten. Bei den "Reformkonservativen - Rekos" kann Ewald Stadler seinem religiösen Eifer freien Lauf lassen. Entsprechend liest sich auch das Parteiprogramm, das Stadler am Mittwoch in Wien präsentierte. Viel Platz brauchen die Rekos - ein Zusammenschluss von Stadler, der Christenpartei und der Jungen Europäischen Studenteninitiative (JES) - nicht, um ihr Weltbild darzulegen: zehn Thesen auf sechs Seiten. Schließlich gehe es nicht darum, eine Diplomarbeit zu schreiben, die dann keiner liest.

Dass die Rekos "nicht das alter ego einer anderen Partei, sondern ein aliud", etwas anderes, eine "betont konservative, betont christliche Partei" sein wollen, macht Stadler schon mit der ersten der zehn Thesen klar: "Der Mensch ist das Ebenbild Gottes, sein Grundrecht auf Leben ist unantastbar" - inklusive Forderung nach Verbot von Abtreibung (auch im Rahmen der Fristenlösung, "wir wollen aber nicht die Frauen kriminalisieren"), Präimplantationsdiagnostik, Euthanasie, Sterbehilfe, Embryonenforschung.

Gegen Ehe und Adoptionfür Homosexuelle

Auch in Sachen Familienbild ("Mann, Frau und Kind") distanziert man sich von "Zeitgeist" und "ideologischen Verirrungen in den letzten Jahrzehnten". Heißt: keine Ehe oder Adoptionsrechte für Homosexuelle (wobei man "niemandem die sexuelle Prägung vorschreiben" wolle).

Europapolitisch spricht man sich für mehr staatliche Souveränität und gegen die "Arroganz der europäischen Funktionärskaste" aus, steuerpolitisch für eine Flattax von 25 Prozent. Zudem müsse der Staat zuerst erklären, wofür er das Geld der Bürger überhaupt brauche, so Stadler.

Ein eigenes Kapitel widmen die Rekos dem Thema Meinungsfreiheit: Übertriebene Political Correctness habe zu einer "neuen Form des Biedermeier" geführt, sagt Stadler und fordert eine "Entkriminalisierung des politischen Begriffs ‚rechts‘". Daher habe er in Sachen Akademikerball auch "Verständnis für die Ballbesucher und die Demonstranten - aber nicht für die Gewalt". Wo es staatsgefährdend werde, habe die Meinungsfreiheit ihre Grenzen. Das Verbotsgesetz will Stadler aber nicht diskutieren, denn mit diesem habe seine Partei "kein Problem".

In Sachen Schulsystem plädiert Stadler für gezielte Elitenförderung, denn mangels anderer Rohstoffe und Ressourcen werde Österreich "Bildungseliten brauchen wie nur etwas", für ein differenziertes Schulsystem und "gegen jede Gleichmacherei". Die Erstverantwortung für Bildung soll bei den Eltern liegen. Vor allem auf deren religiöses Empfinden möge Rücksicht genommen werden, etwa bei der Behandlung von Evolutionstheorie ("die stellen wir aber nicht infrage"), Gender-Fragen und Zeitgeschichte.

Nicht nur gesellschaftspolitisch fährt Stadler einen Kurs, der die Zeichen der Zeit (die er als "Zeitgeist" abtut) eher außer Acht lässt, sondern auch sicherheitspolitisch. So spricht er von einer umfassenden Landesverteidigung (samt "paramilitärischen Katastrophenschutzeinheiten"), als ob der Kalte Krieg nie geendet hätte. Damit einher geht eine strikte Ablehnung von Nato und jeglicher "EU-Militärunion" ("Die Neutralität darf um keinen Millimeter eingeschränkt werden"). Auslandseinsätze soll es ausschließlich mit UN-Mandat geben. Hier unterscheide man sich deutlich von der FPÖ.

"Die FPÖ missbrauchtdas Christentum"

Überhaupt habe man ein völlig anderes Menschenbild als die Freiheitlichen, so Stadler, der immerhin einst stellvertretender Klubobmann der FPÖ war. Während die Rekos eine christliche Partei seien, missbrauche die FPÖ das Christentum, um eine Anti-Islam-Debatte zu befeuern. Heinz-Christian Strache kenne mittlerweile "vielleicht den Unterschied zwischen Kreuz und Kruzifix, aber mehr weiß er nicht".

Stadler ortet "viele frustrierte Freiheitliche, die froh über eine Alternative sind". Auch spitzt er auf "enttäuschte ÖVPler und frustrierte Nichtwähler" - und davon gebe es viele, schließlich sei die aktuelle "die anerkannt schlechteste Regierung der Zweiten Republik. Dagegen waren selbst Fred Sinowatz und Norbert Steger Lichtgestalten."

Die Performance der Regierung wird laut Stadler "nicht ohne Folgen bei der EU-Wahl sein". So hofft er am 25. Mai denn auch auf fünf Prozent der Stimmen. Weil er auf einem BZÖ-Ticket im EU-Parlament sitzt, ersparen sich die Rekos das mühsame Sammeln von Unterstützungserklärungen. Den Auftakt für den EU-Wahlkampf begehen die Rekos beim Parteitag am 8. März. Dann wird das Programm auch offiziell beschlossen. Sollte die christliche Rechte bei der Europawahl reüssieren, will man den Nationalrat ins Visier nehmen.