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Mit gutem Willen und ohne Taten

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Warum das Klimatreffen der G20-Staaten keine Ergebnisse im Kampf gegen den Klimawandel brachte.


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Lange haben die G20-Staaten, die führenden Industrie- und Schwellenländer, in Neapel um eine gemeinsame Linie zum Klimaschutz und CO2-schonender Klimapolitik gerungen. Am Ende war man sich dann nur noch darüber einig, dass man auf jeden Fall mehr für den Klimaschutz tun müsse. Wie schnell und mit welchen Instrumenten - darüber wurden sich die Umweltminister der 20 Staaten am Donnerstag und Freitag nicht einig. Der Klimagipfel in Neapel ging ohne konkrete Maßnahmenplan zu Ende.

Das siebenseitige Kommuniqué, auf welches sich die Staatsvertreter geeinigt haben, enthält etwa Bekenntnisse zu mehr Schutz Biodiversität, Vermeidung von Müll und einer Optimierung der Kreislaufwirtschaft. Unter dem Punkt "Nachhaltige Finanzierung" erkennen die Staaten auch einen höheren Finanzierungsbedarf für den Erhalt und den Schutz fragiler Ökosysteme und bekennen sich zu einem klimafreundlicheren Finanzsystem. In konkrete Maßnahmen oder Klimaziele wurde das aber nicht gegossen.

EU will Vorreiterrolle

Dafür waren allerdings die Forderungen und die Rahmenbedingungen in den einzelnen Staaten zu unterschiedlich. Die EU-Länder haben sich vergangenes Jahr auf den "Green Deal" und damit einhergehend auf eine Reduktion der Treibhausgase bis 2030 um 55 Prozent geeinigt. Bis 2050 will die EU klimaneutral sein, also nur so viel CO2 verursachen, wie auf natürlichem Weg wieder abgebaut wird. Erst vergangenen Woche hat die EU-Kommission mit "Fit for 55" den Fahrplan zur Erreichung dieser Ziele vorgestellt. Darin sind unter anderem ein Aus für den Verbrennungsmotor und die Ausweitung des Emissionshandelssystems auf Verkehr und Gebäude vorgesehen.

Demnach sind die europäischen Vertreter auch mit mehr Druck und mehr Forderungen in die Gespräche gegangen. So wünschten sich die Europäer, dass bis 2030 etwa 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter Naturschutz gestellt werden. Und zwar weltweit und in jedem einzelnen Land, um Landraub und Ressourcenausbeutung zu stoppen.

Dabei stellte sich aber unter anderem China quer. Zum Hintergrund: China gehört zu den weltweit wichtigsten Exporteuren von seltenen Erden und Metallen, die für die Technologien der Energiewende gebraucht werden. Diese werden dort in großem Stil abgebaut. China stellte sich auch gegen das Aus für staatliche Unterstützungen für den Bau von Kohlekraftwerken im Ausland quer.

Die EU will sich auf der Weltbühne gerade als Pionier der Energiewende positionieren. Die EU-Länder streben auch eine Vorreiterrolle bei Umwelttechnologien wie etwa Wasserstoff an, nachdem die USA und China bei der Digitalisierung davongezogen sind. Erst am Freitag wurde zum Beispiel das Projekt "AquaSector" zur Wasserstofferzeugung von vier europäischen Energiekonzernen vorgestellt. RWE, Shell, das norwegische Energieunternehmen Equinor und der niederländische Gasnetzbetreiber Gasunie wollen ab 2028 bis zu 20.000 grünen Wasserstoff pro Jahr in der Nordsee erzeugen.

Weiter fossile Abhängigkeit

Andere Regionen sind aber nach wie vor wirtschaftlich stark von fossiler Energie abhängig. Saudi-Arabiens Wohlstand - auch ein Mitglied der G20 - fußt auf den Export von Erdöl. Einen nachhaltigen Plan B für die post-fossile Ära gibt es noch nicht. Und auch Russland ist stark vom Gas-Export abhängig. Naturgemäß gibt es hier auch weniger Bereitschaft in Richtung eines schnellen, umfassenden Ausstiegs aus den fossilen Energieträgern.

"Die G20 repräsentieren rund 80 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, gemessen am BIP, und rund 95 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen", sagt Klimaökonom Stefan Schleicher. "Angesichts der derzeit weltweiten extremen Wetterereignisse, ist es verwunderlich, dass im Abschluss-Kommuniqué Energie und Klima kaum angesprochen werden." Das Treffen sei ein Indikator, welche Herausforderungen auf die nächste UN-Klimakonferenz im November zukommen.

Bisher beschränke sich die globale Klimapolitik auf Lippenbekenntnisse, ohne konkrete Maßnahmen und Taten. So sei schon 2009 eine Dotierung von jährlich 100 Milliarden US-Dollar durch die reichen Industriestaaten für die restlichen armen Staaten für Klimaschutz vereinbart worden. Das Vorhaben sei aber weit weg von einer Realisierung und wird im Kommuniqué der Umweltminister auch gar nicht angesprochen.