Unterstütztung von Investoren als ein, aber nicht der einzige Weg zum Erfolg.
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Wien. Was haben eine Armbanduhr, ein Joystick und ein Smartphone gemeinsam? Sie sind Säulen der Visionen außergewöhnlicher heimischer Start-Ups. Stellvertretend für die kreative Szene, die an mehreren Orten Österreichs am Aufblühen ist, zeigen die Beispiele Runtastic, Newsgrape und Xcessity, was man auch hierzulande mit guten Ideen und den richtigen Entscheidungen erreichen kann – und wo die größten Schwierigkeiten liegen.
Als Start-Up im engeren Sinn kann man Runtastic zwar eigentlich nicht mehr bezeichnen. Mit etwa zwei Dutzend Mitarbeitern, mehr als einer Million Euro Umsatz und eines profitablen Betriebs spielt das oberösterreichische Jungunternehmen bereits in einer höheren Liga. Die Idee, Fitness-Interessierten digitale Assistenten zur Verfügung zu stellen, um die eigene Leistung zu ermitteln, zu dokumentieren und auf sozialen Netzwerken öffentlich zu machen, hat sich bewährt – obwohl das Projekt bei seiner Gründung im Jahr 2009 auf viel Skepsis stieß. "Am Anfang wollten wir uns über Business Angels (private Investoren, Anm.) finanzieren, was damals aber nicht möglich war – weil nur wenige Leute an unsere Idee geglaubt haben", erzählt Mit-Gründer Florian Gschwandtner.
Von diesem Rückschlag ließ sich der Oberösterreicher mit seinen beiden Partnern jedoch nicht entmutigen und nahm die Finanzierung in die eigene Hand. "Wir programmierten Dienstleistungen und Apps für andere Unternehmen und finanzierten mit diesem Geld Runtastic", sagt Gschwandtner, und fügt hinzu: "Das war schon eine große Hürde". Heute kann das Unternehmen auf eine breite Palette an Produkten und Umsatzbringern verweisen. Runtastic bietet inzwischen neben Fitness-Apps und kostenpflichtigen Premium-Mitgliedschaften für detailliertere Statistiken auf der Webseite sogar Handfestes: Über einen eigenen Web-Shop und bei Einzelhandelsketten wie Hartlauer werden spezielle Runtastic-GPS-Armbanduhren, Gurte mit Pulsmessern oder Sportarmbänder vertrieben.
Die Konkurrenz im Nacken
Im Angesicht einer starken internationalen Konkurrenz bedarf es allerdings auch einer permanenten Erweiterung des Angebots. Als besonders beliebte Funktion und Vorsprung gegenüber dem Mitbewerb hat sich dabei eine Funktion namens "Live-Cheering" erwiesen: Die Möglichkeit, während privater Laufeinheiten seine Wege auf sozialen Netzwerken sichtbar zu machen, wurde mit einer Option zur Anfeuerung versehen: "Freunde können nun vor dem PC mitverfolgen, wo ich mich gerade bewege und mich anfeuern, indem sie auf meinen Kopfhörern Applaus einspielen lassen", sagt der Oberösterreicher.
Für das rasant gewachsene Unternehmen tun sich indes auch neue Herausforderungen hervor. "Momentan ist die Aufgabe, das auf 45 Mitarbeiter angewachsene Team so aufzustellen, dass es gut und effizient arbeitet", sagt Gschwandtner. Aktuell wird daher an der Eröffnung eines Wiener Büros gearbeitet, wie Gschwandtner erläutert: "Es gibt hier eine gute Start-Up-Szene und ein größeres Einzugsgebiet – man findet einfach gute Leute."
Soziale Nachrichten
Nicht zuletzt wegen guter Leute hat es auch das Wiener Social-News-Portal Newsgrape zu internationaler Aufmerksamkeit gebracht. Die Entwicklung eines Web-Dienstes, der es Usern – inzwischen auch auf dem Smartphone – ermöglicht, sich basierend auf ihren Interessen eigene Nachrichtenseiten zusammenstellen zu lassen und dabei auch mit anderen Personen interagieren zu können, stieß bereits im Anfangsstadium des Projektes auf großes Interesse. Über die Community-Finanzierungsplattform Kickstarter sammelte das Start-Up das erste Kapital aus der Internet-Gemeinschaft ein und stellte sich international ins Rampenlicht.
Der Vorteil dieses Erfolgs half bei der späteren Kapitalsuche enorm, wie Co-Gründer Felix Häusler feststellt: "Investoren möchten wissen, dass es Menschen gibt, die das Produkt auch verwenden wollen. Es gibt daher nichts Besseres, als Leute, die einem schon vor dem eigentlich Start Geld hergeben". Geld hergeben wollten daraufhin tatsächlich interessierte Business Angels aus Österreich und Italien, die man zur Wachstumsfinanzierung an Bord holen konnte.
Weil man sich mit der internationalen Präsenz von Anfang an auch mit der internationalen Konkurrenz auseinandersetzen musste, will Häusler Start-Up-Gründern darüber hinaus eines mit auf den Weg geben: "Es geht nicht darum, seine Idee zu schützen, sondern man muss bei der Umsetzung dieser Idee schneller sein als die vielen anderen Leute, die weltweit gerade genau die gleiche Idee haben."
"Angie" als Erleichterung für Menschen mit Behinderung
Eine Herausforderung, der sich auch Markus Pröll durchaus bewusst ist. Mit seinem gerade in Gründung befindlichen Start-Up Xcessity machte es sich der Grazer zur Aufgabe, die Steuerung von Computern zu optimieren, indem neben Maus und Tastatur weitere Eingabegeräte ergänzend zum Einsatz gebracht werden sollen. "Es gibt derzeit viele Eingabegeräte, und die Sensorik wird gleichzeitig immer besser. Die derzeitige Interaktion zwischen Mensch und Computer beschränkt sich aber im Wesentlichen nur auf Finger und Hände. Der Ansatz von Xcessity ist daher, die vorhandene Vielfalt auszunützen und andere Eingabegeräte zusätzlich zu nützen", erklärt Pröll. So sei etwa denkbar, die in den meisten Laptops verfügbaren Webcams über Eyetracking, also das Messen von Augenbewegungen, oder auch Spracheingaben über Headsets als zusätzliches Steuerungselement zu etablieren.
Als erstes Produkt, das diese Vision widerspiegelt, hat Pröll bereits "Angie" (Assistive Next Generation Game Control and Interface Engine) entwickelt: Die Software soll speziell für Menschen mit Behinderungen handelsübliche Eingabegeräte wie Joysticks so sinnvoll einsetzbar machen, dass sie die vorhandenen, aber deutlich teureren Spezial-Eingabegeräte überflüssig machen.
Noch steht Pröll mit seinem Start-Up, das vor knapp zwei Monaten gestartet wurde, ganz am Anfang. "Das Ganze ist noch in der Kinderschuhen", räumt Pröll ein. Dass er es dennoch bereits in diesem Stadium zu einem von sieben Vertretern bei einem Start-Up-Wettbewerb beim Pioneers Festival, das vom 29. bis 31. Oktober in Wien über die Bühne geht, brachte, ist für den Grazer um so erfreulicher: "Es motiviert natürlich, dass man merkt, dass auch andere an die eigene Idee glauben." Denn schließlich ist das zwar nicht die einzige, aber zumindest eine der wichtigsten Bedingungen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.