Eine Dokumentationsstelle zur Institutionalisierung von Kriminalisierung.
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Die Integrationsministerin hat nun endlich die lange angekündigte Etablierung der "Dokumentationsstelle Politischer Islam" präsentiert. Der Zeitpunkt zur Ablenkung vom U-Ausschuss hätte nicht besser sein können, ist aber nur zweitrangig. Primär ist die Dokumentationsstelle nichts als ein weiterer konsequenter Schritt der türkisen Islampolitik, wie sie mit dem Islamgesetz 2015 begonnen wurde und insbesondere im Zuge der türkis-blauen Koalition ihre Entfaltung fand. "Politischer Islam" steht dabei nicht für Gewalt oder Extremismus, der von Musliminnen und Muslimen im Namen des Islams ausgeht. Darum würde sich ohnehin das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) kümmern.
Vielmehr geht es beim "Politischen Islam" um eine absichtlich lose Bezeichnung, die die Kriminalisierung von Musliminnen und Muslimen, insbesondere den organisierten, zum Ziel hat sowie islamische Religionspraxis kriminalisiert. Das zeigte bereits die Vergangenheit. So wurden das Kopftuchverbot, die Ausweitung des Symbolgesetzes auf nicht-terroristische Organisationen und die später vom Wiener Verwaltungsgericht aufgehobene Schließung von Moscheen allesamt mit dem Verweis des Kampfes gegen den Politischen Islam begründet.
Ein Widerspruch
Das widerspricht einer rhetorischen Kernbotschaft von Ministerin Susanne Raab, die meinte, die Dokumentationsstelle sei nicht gegen den Islam gerichtet. Kanzler Sebastian Kurz meinte unmissverständlich in der Vergangenheit, dass es weder islamischer Kindergärten bedürfe (wofür jahrelang konsequent mithilfe von "Wissenschaft" geworben wurde), wie auch, dass das Kopftuchverbot auf Universitäten und den öffentlichen Raum ausgeweitet werden müsse.
Eine zweite rhetorische Kernbotschaft, wonach die Stelle frei und wissenschaftlich arbeiten solle, ist ebenso fraglich. Sind doch alle bisher bekannten Namen eng im Netz des türkisen Propagandaapparats, dem Österreichischen Integrationsfonds, eingebunden, und manche liefern regelmäßig Wahlkampfmunition für die Neue ÖVP. Das galt bereits für die beiden Experten, die das Projekt mitvorgestellt hatten.
Gute Vereine, böse Vereine
Was also will so eine Stelle erreichen, wenn das BVT ohnehin bereits extremistische Organisationen jeglicher Art im Blick hat? Die Ministerin war hier sehr offen: Sie wolle ein "Mapping der Vereinslandschaft". Die Dokustelle soll am Ende ein halbstaatliches Auskunftsorgan zu sein, "welche Vereine gute Partner der Behörden" seien, um zu beurteilen, "wo Steuergeld in solche Vereine investiert werden soll" und wo nicht.
Übersetzt bedeutet das, dass wie im McCarthyismus in den USA zur Zeit des Kalten Krieges eine Liste von schlechten Vereinen angefertigt werden soll, um die gesellschaftspolitische Ausgrenzung von vermeintlichen Gegnern zu erreichen. Wer will schon mit jemanden kooperieren, der auf so einer Liste geführt wird? Dieser Schritt ist eine Institutionalisierung der Kriminalisierung der muslimischen Zivilgesellschaft, insbesondere jenes Teiles, der kritisch gegenüber der Regierung auftritt.