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Mit Islamofaschisten verhandelt man nicht

Von Christian Ortner

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Goebbels hätte seine Freude gehabt: ". . . Israel muss von der Landkarte radiert werden, wie es der Imam Chomeini gesagt hat" verkündete der iranische Staatspräsident Muhamed Ahmadinedschad auf einer in Teheran veranstalteten Konferenz unter dem geschmackvollen Titel "Welt ohne Zionismus", bei der die 4000 Zuhörer skandierten: "Tod den Juden", was der Herr Staatspräsident mit einem "lauter, lauter, lauter" quittierte.

Derartiges kann man nicht einmal im Mittleren Osten als milieubedingte Unmutsäußerung missverstehen - hier hat der Islamofaschismus ganz unverhüllt sein Gesicht gezeigt.

Dass sich der zivilisierter Teil der Welt gebührlich erregte, ist zwar nett, aber eindeutig zu wenig. Denn nach diesen Ereignissen gehörte der iranische Staatspräsident per internationalem Haftbefehl zur Festnahme ausgeschrieben und anschließend dem internationalen Gerichtshof zur Aburteilung überstellt. Darüber hinaus müssen jetzt ein paar Fragen beantwortet werden:

1. Warum war von einer Verurteilung dieses eindeutigen Aufrufes zum Genozid in der arabischen Welt, aber auch in den moslemischen Gemeinschaften Europas nichts zu hören?

2. Was sagt es über eine Religion aus, wenn solche Hasspredigten nicht von ein paar extremistischen Spinnern kommen, sondern unter ausdrückliche Berufung auf eine (zu Lebzeiten) der höchsten islamischen geistlichen Autoritäten des Iran?

3. Welche Verantwortung übernimmt die EU, wenn sie weiterhin im Streit um die iranischen Atomwaffen auf "soft skills" setzt; während der Mann, der künftig vielleicht am roten Auslöseknopf sitzt, millionenfachen Mord an Israelis ankündigt?

4. Könnte es sein, dass die bekanntlich ja außenpolitisch dumben Amerikaner mit ihrer Einschätzung des Iran als Teil der Achse des "Bösen" vielleicht richtiger liegen als die oberschlauen Europäer?

5. Was muss die iranische Staatsführung eigentlich noch so von sich geben, bevor der Westen (minus USA) kapiert, dass es hier nicht um schlechte Umgangsformen geht, sondern um eine Gesellschaft, deren Spitzen (und nicht nur die) von einem Vernichtungswillen getrieben sind, wie es ihn in Europa vor 1945 gab? Muss erst Tel Aviv ausgelöscht werden?

Es ist dies keine sehr erfreuliche Aussicht - aber mit Regimes, die derart verfasst sind, ist irgendeine Form der Auseinandersetzung, die über den Austausch diplomatischer Noten hinausgeht, a la longue wohl unvermeidlich.

Wer aber nach der Ankündigung des iranischen Staatspräsidenten noch ernsthaft glaubt, mit diesem Regime ist ein Interessenausgleich in zivilisierter Form möglich, der beweist damit ähnlich viel Gespür für die Wirklichkeit wie Lord Chamberlain 1938 nach seiner Rückkehr aus München und dem Versprechen, "Peace in Our Time" von seinem Treffen mit Hitler nachhause zu bringen. Man weiß ja, wie so was auszugehen pflegt.

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