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Mit Kaffee Gespenster sehen

Von WZ-Korrespondentin Anna van Ommen

Wissen

Britische Forscher brandmarken Kaffee als Gesundheitsrisiko. | Wer zu viel Kaffee trinkt, sieht Dinge, die nicht existieren. | London. Hätten die Hippies es bloß gewusst: Statt der Psychodroge LSD hätten ein paar Tassen Kaffee zu viel möglicherweise den gleichen Effekt erzielt. Laut einer Studie der Universität Durham führt der übermäßige Verzehr des schwarzen Getränks nicht nur zu schlaflosen Nächten, sondern auch zu Halluzinationen. Studenten der Universität im Nordosten Großbritanniens untersuchten den Koffeinkonsum und das Verhalten von rund 200 nichtrauchenden Kommilitonen. Das Ergebnis: Teilnehmer, die täglich mehr als sieben Tassen löslichen Kaffees verzehrten, neigten dreimal so oft zu Sinnestäuschungen wie Studenten, die nur eine Tasse tranken.


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Die Extrem-Kaffee-Trinker sahen Dinge, die nicht existierten, hörten Stimmen und fühlten die Anwesenheit von Verstorbenen, so die Studie. Diese wurde von Großbritanniens Forschungsrat für Medizin sowie dem britischen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftsrat finanziell unterstützt. Die Ergebnisse wurden jetzt in der medizinischen Zeitschrift "Personality and Individual Differences" (Persönlichkeit und individuelle Unterschiede) veröffentlicht. Der Leiter der Untersuchung, Psychologie-Doktorand Simon Jones, erklärte: "Die weitgreifenden Faktoren rund um Halluzinationen werden damit erstmals näher beleuchtet." Dabei unterstrich Jones, dass Halluzinationen keinen Beweis für psychische Erkrankungen böten. Denn Sinnestäuschungen dieser Art sind gar nicht ungewöhnlich. Drei Prozent der Bevölkerung hören offenbar regelmäßig Stimmen.

Kaffee beeinflusst den Hormonhaushalt

Wer unter Stress leidet, schüttet vermehrt das Hormon Cortisol aus. Der Verzehr von Kaffee hat offenbar den gleichen Effekt. Das heißt, eine erhöhte Ausschüttung von Cortisol könnte verantwortlich für das vermehrte Auftreten von Visionen sein. Simon Jones will daher die Verbindung zwischen Koffein und Gemütszuständen untersuchen. Auch Ernährung und der Effekt von Zucker und Fettgehalt sollen näher beleuchtet werden. Der Leiter der Studie räumte allerdings ein: "Eventuell konsumieren gestresste Menschen einfach mehr Koffein." Selbst wenn Koffein mitverantwortlich für Sinnestäuschungen wäre, so sei dies nur ein Faktor von vielen. Bislang galten vor allem traumatische Kindheitserlebnisse als mögliche Ursache von Halluzinationen.

Keine Gefahr beimäßigem Genuss

Die Wirkung von Koffein steht immer wieder zur Debatte. So soll übermäßiger Genuss während der Schwangerschaft zu Fehlgeburten oder zu untergewichtigen Neugeborenen führen. Auch für Diabetiker ist Kaffee möglicherweise besonders schädlich. Weiteren Studien zufolge kann Koffein gegen Hautkrebs vorbeugen und Multisklerose lindern. Euan Paul vom britischen Kaffeeverband sagte, aus den zahlreichen Studie könne gefolgert werden, "Der Verzehr von 400 bis 500 Milligramm Koffein pro Tag ist für die Mehrheit der Bevölkerung unbedenklich und möglicherweise sogar gesundheitszuträglich".

Die Studie der Universität Durham spricht von mehr als sieben Tassen löslichen Kaffee. Da Filterkaffee wesentliche höhere Anteile von Koffein enthält (60 bis 120 Milligramm pro Tasse), könnten also bereits drei bis vier Tassen pro Tag zu interessanten Nebeneffekten führen.