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Griechenland braucht keinen sündteuren Marshall-Plan, sondern bloß ein paar Flugtickets für seine Spitzenpolitiker nach Neuseeland.
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Griechenland dürfte von Europas Steuerzahlern unterm Strich insgesamt rund 230 Milliarden Euro an Krediten und Haftungen bekommen. Damit wird es so tun, als wäre die Pleite vermeidbar; die anderen EU-Staaten werden so tun, als glaubten sie diesen frommen Wunsch. Und weil ja 230 Milliarden Euro nicht wirklich viel Geld sind, fordern jetzt immer mehr Politiker in Europa (wie etwa der deutsche Postkommunist Gregor Gysi) einen "Marshall-Plan" für Athen: also noch viel mehr Geld, das Griechenlands Retter natürlich auch nicht haben und sich deshalb ihrerseits ausborgen müssen.
Es wird vermutlich nicht lange dauern, bis auch in Österreich ein Politiker dergleichen verlangt, weil ja "Marshall-Plan" irgendwie sympathisch klingt, nach "Nachbar in Not" und so. Unfug wäre es trotzdem. Denn im Gegensatz zum Europa des Jahres 1945 wurde Griechenland nicht gerade von einem Krieg in Trümmer gebombt, sondern in den vergangenen 20 Jahren - übrigens auch mit viel EU-Geld - mit teils hochmoderner Infrastruktur versehen. In Griechenland gibt es nichts zu reparieren, abgesehen von der Mentalität der Einwohner.
Bemerkenswert sind übrigens die Dimensionen: Der "Marshall-Plan" hatte für alle von ihm begünstigten Staaten Europas zusammen ein Volumen von rund 80 Milliarden Euro nach heutigem Geldwert - also etwa ein Drittel der Summe, die jetzt allein für Griechenland mobilisiert wird.
Statt Europas Steuerzahlern eine derartige neuerliche Belastung zuzumuten, sollte die EU Griechenlands politischen Führern ein Flugticket nach Neuseeland spendieren (aber bitte Economy Class). Dort könnten sie lernen, wie sich ein Land am Rand des Bankrotts mit eigener Kraft aus dem Schuldensumpf rettet.
Neuseeland stand 1984 dort, wo Griechenland heute steht: unmittelbar vor dem Bankrott. Und zwar aus ganz ähnlichen Gründen: einem hypertrophierenden Staatsapparat, einer Unmenge schlecht funktionierender Staatsbetriebe, einem wild wuchernden Subventionsdschungel, einem dichten Netz staatlicher Regulierungen für alles und jeden, etlichen geschützten Werkstätten und möglichst wenig Wettbewerb. Neuseeland war damals so eine Art DDR mit guter Menschenrechtslage und prächtigem Klima - und dementsprechend pleite.
In dieser Lage begann die - übrigens sozialistische - Regierung mit einer radikalen Kur. Die Staatsbetriebe wurden komplett privatisiert, die geschützten Märkte geöffnet und liberalisiert, die Subventionen für die Industrie und sogar die Landwirtschaft weitgehend abgeschafft, ebenso Zölle und andere Handelshemmnisse. Die Bürokratie wurde auf Diät gesetzt und auf Effizienz getrimmt, wo immer möglich wurde Wettbewerb zwischen mehreren Anbietern erzwungen.
Neuseeland war nach wenigen Jahren nicht nur nicht mehr insolvenzgefährdet, sondern sogar eine der erfolgreichsten Volkswirtschaften der Welt - ganz ohne "Marshall-Plan".
Griechenland hat die Chance, dieses erfolgreiche Konzept zu kopieren und sich damit selbst zu retten, statt jahrelang zum Bittsteller der EU zu verkommen. Es braucht keinen "Marshall-Plan", sondern den Mut, das Richtige zu tun.
<br style="font-style: italic;" /> Dieser Gastkommentar gibt ausschließlich die Meinung des betreffenden Autors wieder und muss sich nicht zwangsläufig mit jener der Redaktion der "Wiener Zeitung" decken.