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Mit Körperscanner zur passenden Größe

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Von Kopf bis Hüfte werden beim Outfittery-Körperscanner neun Maße gespeichert. Der Modeversender aus Berlin will in Österreich bis Jahresende fünf Scanner an hochfrequentierten Standorten aufstellen.
© Outfittery

Onlinehändler wollen ihre Retouren senken, indem sie Kunden vermessen und ihnen die richtige Größe empfehlen.


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Wien. Der Hosenbund ist zu weit, der Hemdkragen zu eng und das T-Shirt zu kurz - oft passen im Internet bestellte Kleidung und Schuhe nicht, fast jedes zweite Kleidungsstück geht retour. Manche Kunden bestellen zur Sicherheit gleich mehrere Größen zur Auswahl. Retouren sind für Onlinehändler teuer - daher arbeiten sie daran, ihre Retourenquote zu senken. Der Internethändler Outfittery will dazu 20 Körperscanner aufstellen, davon fünf gegen Jahresende in Großstädten in Österreich, kündigt Alexander Keil, Country Manager Österreich und Schweiz, an. Installiert werden sollen die Scanner bei Lebensmittelhändlern, an Bahnhöfen oder in Postämtern, so Keil, der den Prototyp im Wiener Museumsquartier vorstellte.

Infrarot-Technik

In nur zehn Sekunden wird die Person in der Box, die etwas größer als ein Passfoto-Automat ist, mit einem Infrarot-Projektor und einer -Kamera gescannt und vermessen, am Computerbildschirm erscheint ein 3D-Modell des Körpers. Für den Scan müssen lediglich dicke Kleidungsstücke wie Jacken abgelegt werden. Bald soll der Computer binnen kürzester Zeit die neun Körpermaße vom Kopfumfang bis zur Hüfte automatisiert ausspucken, verspricht Keil. Derzeit sind dafür noch einige Mausklicks notwendig.

Hinter dem Körperscanner steckt Infrarottechnik - konkret die für die Spielkonsole Microsoft XBox entwickelte Kinect. Dadurch würden sich die Kosten gegenüber anderen Technologien in Grenzen halten, so der Outfittery-Chef. Das Berliner Unternehmen mit rund 150 Mitarbeitern hat den Scanner mit dem Center for Digital Technology & Management, einem gemeinsamen Forschungs- und Lehrinstitut der Technischen Universität München und der Ludwig-Maximilians-Universität München, entwickelt. Mit dem Einsatz der Scanner will der Online-Modeversender die Treffergenauigkeit und das Einkaufserlebnis für die Kunden verbessern.

Für die bessere Passform wird jedoch nicht jedes Kleidungsstück abgemessen: "Unsere Stylisten wissen, wie die Größen bei einzelnen Marken ausfallen", so Keil, dessen Unternehmen mehr als 150 Marken von Jack & Jones über Levis bis Strellson im Sortiment führt. Outfittery bietet seinen rund 100.000 - ausschließlich männlichen - Kunden Curated Shopping, eine Online-Variante des Personal Shoppings. Der Kunde gibt Kleidungspräferenzen und sein Budget an. Nach einem Telefonat mit einem der 70 (großteils weiblichen) Stylisten wählt dieser für ihn passende Outfits aus, die ohne Versandkosten zum Kunden geschickt werden. Beim Start 2012 "hatten wir zu kämpfen, weil wir erst klar machen mussten, dass wir Männern nicht diktieren, was sie anziehen sollen, sondern sie bei der Kleidungsauswahl unterstützen", sagt Keil. Anders als am Anfang sind Kunden heute nicht mehr überwiegend Männer, die nicht wissen, was ihnen steht. Das durchschnittliche Alter der Besteller bewegt sich zwischen 25 und 55 Jahren - der bisher älteste Kunde war über 80.

Retouren ließen sich nicht komplett vermeiden, so Keil: "Es kommt fast immer etwas zurück." Outfittery liege jedoch bei der Retourenquote unter dem Branchendurchschnitt. Details will er nicht nennen, auch Umsatzzahlen werden nicht bekanntgegeben.

Humanic scannt Kundenfüße

Seit 2013 hat der Schuhhändler Humanic einen Scanner im Einsatz, bisher wurden 115.000 Füße gescannt. Kunden können ihre Füße in ausgewählten Humanic-Filialen vermessen lassen. Danach wird ihnen im Geschäft und online die richtige Größe empfohlen. Dazu wird das 3D-Abbild beider Füße mit allen Schuhen von Humanic, die im Lager gescannt wurden, verglichen. "Schuhgrößen sind weltweit nicht genormt, einheitliche ,Passformdefinitionen‘ nicht möglich", sagt Daniela Polaschegg, Marketing & PR Manager der Leder & Schuh AG, zu der neben Humanic auch Stiefelkönig, Jello, Shoe4You, Corti und Dominici gehören. Auch beim Schuhkauf für Kinder sei der Humanic Avatar hilfreich: Unter Zuhilfenahme von statistischen Wachstumsdaten werde simuliert, wie sich der Fuß in den nächsten Monaten entwickeln wird.

"Circa die Hälfte aller bestellten Schuhe kommt zurück, das muss man ins Geschäftsmodell einrechnen", so Polaschegg. Im Vorjahr konnten demnach die Retouren um einiges reduziert werden, dazu habe sicherlich auch der Avatar beigetragen.