Listenhunde müssen künftig einen Maulkorb tragen. Für ihre Halter gilt ein Alkohollimit.
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Wien. Die Law-and-Order-Politik hält nun auch im Wiener Tierhaltegesetz Einzug. Für Besitzer sogenannter Listenhunde – auch Kampfhunde genannt – gelten künftig strengere Regeln, ein Maßnahmenpaket soll für mehr Sicherheit sorgen. Am Mittwoch präsentierten Umweltstadträtin Uli Sima (SPÖ) und Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl die Novelle zum Tierhaltegesetz.
Sima verwies dabei auf den Fall jenes einjährigen Kindes, das vor einigen Wochen von einem Rottweiler attackiert worden und anschließend seinen Verletzungen erlegen war. "Das hat mich sehr betroffen gemacht", so Sima. Schon bisher mussten Hundehalter ihr Tier so kontrollieren, dass keine Gefahr von ihm ausgeht. Mit der Novelle will Sima nun klarere Regeln schaffen.
Welche Verschärfungen kommen?
Künftig müssen alle Listenhunde im öffentlichen Raum einen Maulkorb tragen und angeleint sein. In Hundeauslaufzonen besteht nur eine Maulkorbpflicht, in umzäunten Hundezonen müssen sie auch keinen Maulkorb tragen.
Auch ein Alkohollimit wird eingeführt. Sima brachte hierbei erneut den Todesfall des kleinen Kindes ins Spiel: Die Halterin des Rottweilers war bei der Attacke nämlich stark alkoholisiert gewesen. Die Grenze liegt nun bei 0,5 Promille. Zudem wird auch ein Zuchtverbot für Listenhunde in Wien eingeführt.
Verstöße werden mit hohen Strafen geahndet. Wer sich nicht an das Alkoholverbot hält, muss mindestens 1000 Euro zahlen. 100 Euro drohen bei einer Verletzung der Leinenpflicht. Wer gegen die Maulkorbpflicht verstößt, muss 200 Euro berappen und sechs Stunden bei einem Hundetrainer absolvieren. Beim zweiten Verstoß muss der Hundeführschein wiederholt werden, beim dritten Verstoß innerhalb von zwei Jahren wird dem Halter das Tier abgenommen. Trägt der Listenhund keinen Beißkorb und beißt einen Menschen, wird er dem Besitzer sofort entzogen.
Was passiert mit dem Hundeführschein?
Seit 2010 müssen Besitzer von Listenhunden den Hundeführschein machen. Auch in diesem Bereich gibt es einige Änderungen. Der Praxisteil bei der Prüfung wird erweitert. Künftig wird der Schein nur noch befristet ausgestellt. Alle zwei Jahre müssen die Hundehalter erneut zur Prüfung antreten. Der Schein werde derzeit oft mit dem Jungtier absolviert, so Sima. Es sei sinnvoll, die Prüfung mit dem erwachsenen Tier zu wiederholen.
Zudem müssen auch Halter von Nicht-Listenhunden künftig verpflichtend den Schein machen, wenn ihr Tier jemanden beißt.
Wie werden die Verbote kontrolliert?
Die Polizei wird kontrollieren, ob die Regeln eingehalten werden. Pürstl versprach, man werde mit "Fingerspitzengefühl" vorgehen. Betroffene Hundehalter werden man zunächst aufklären und ermahnen. Erst bei Uneinsichtigkeit werde "rigoros eingeschritten".
Theoretisch müsste bei den Kontrollen jeder Halter eines Listenhundes in den Alkomat blasen. Man werde sich aber auf verdächtige Personen konzentrieren: "Etwa jene, die mit ihrem Hund aus dem Heurigen raustorkeln." Dass die Polizisten dadurch mehr Arbeit haben, glaubt Pürstl nicht. Man führe in Wien pro Jahr rund 400.000 Alkoholkontrollen durch. Auf die wenigen zusätzlichen Fälle werde es da nicht ankommen.
Wie geht es weiter? Welche Reaktionen gibt es?
Das Paket soll in der Landtagssitzung am 25. Oktober beschlossen werden. Gewissen Bestimmungen, etwa dem Alkohollimit, muss allerdings noch der Bund zustimmen. Noch heuer sollen die Regelungen in Kraft treten.
Von den Plänen hält die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" wenig. Sima und Prüstl seien den einfachen Weg gegangen, "der vor allem Wähler rasch zufriedenstellen soll", so die Kritik. "Der Rassetyp bedeutet nicht automatisch, dass ein Hund gefährlich ist." Vielmehr sitze das Problem am anderen Ende der Leine. Wesentlich sinnvoller wäre ein verpflichtender Hundeführschein für alle Hundehalter.
Statistik
Laut dem Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) mussten im Jahr 2017 in Österreich rund 3.600 Personen nach einem Hundebiss im Krankenhaus behandelt werden. Knapp 17 Prozent der durch Hundebisse Verletzten sind unter 14 Jahre alt.
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Expertenmeinung
Der Verband der europäischen Tierärzte schlägt gegen gefährliche Hunde folgende Maßnahmen vor:
1. Schulung der Hundehalter
2. Verpflichtende Identifikation der Tiere und Aufbau nationaler Datenbanken
3. Begleitende Forschungsprojekte zu Zuchtprogrammen
4. Testprogramme zur Vererbung und zum Erwerb von aggressivem Verhalten