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Umbau des Platzes vor dem Parlament - Statue des "roten Grafen" wird entfernt.
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Budapest. Heuer begehen die Ungarn am 4. Juni zum dritten Mal den Trianon-Gedenktag. Er wurde auf Initiative von Parlamentspräsident Laszlo Köver eingeführt, der als heißester Favorit für die Nachfolge des zurückgetretenen Staatspräsidenten Pal Schmitt gilt. Auf Grundlage des im Jahre 1919 im Versailler Palast Grand Trianon unterzeichneten Vertrags verlor Ungarn etwa zwei Drittel seines Territoriums. Staatsoberhaupt war damals Mihaly Karoly, der aus einem der ältesten ungarischen Adelsgeschlechter stammte. Im Jahr zuvor hatte Karoly die Republik ausgerufen.
Die politische Linke feiert den "roten Grafen" bis heute als Begründer der Republik, der den Ersten Weltkrieg beendete, umfangreiche demokratische Reformen und den Ausgleich mit den nationalen Minderheiten durchsetzte. Die Rechte hingegen, allen voran der nationalkonservative Fidesz von Ministerpräsident Viktor Orban, distanziert sich von Karoly, da sie in ihm den Hauptverantwortlichen für die Gebietsverluste infolge des Trianon-Vertrags sieht.
Angst vor Relativierung des autoritären Horthy-Regimes
Bisher wird Karoly öffentlich durch ein Monument am Donauufer beim Parlament geehrt. Es soll jedoch bald entfernt werden, weil der Kossuth-Platz vor dem Parlamentsgebäude umgestaltet wird. Ende März bestätigte der Magistrat von Budapest einen Parlamentsbeschluss vom Sommer, wonach der Kossuth-Platz bis Frühjahr 2014 wieder so aussieht wie vor 1944.
Nach Willen des Fidesz soll die Nation einen Platz bekommen, wo Staatsmänner und Helden, die sich um die Demokratie verdient gemacht haben, geehrt werden. Karoly kann da aus Sicht der Regierenden nicht dazu zählen. Das von Imre Vargu geschaffene Monument geht nun wohl nach Siofok, den Geburtsort des Künstlers.
Die Rückbesinnung auf 1944 kommt nicht von ungefähr. Der am 1. Jänner in Kraft getretenen Verfassung zufolge verlor Ungarn seine Souveränität im März 1944 und erlangte sie erst nach den freien Wahlen im Jahre 1990 wieder. Bis Oktober 1944 herrschte in Ungarn der Reichsverweser Miklos Horthy, jahrelang Kriegsverbündeter Deutschlands und Verfechter eines "volksnationalen" Konzepts. Für ihn war Karoly wegen Trianon ein "Vaterlandsverräter", und zumindest die Rechtspartei Jobbik hält daran bis heute fest.
Kritiker sprechen nun davon, dass Fidesz mit dem Umbau des Kossuth-Platzes nicht nur eine neue historische Deutungshoheit für sich beanspruche, sondern vor allem auch Horthy rehabilitieren wolle. Zoltan Kovacs, für die Regierungskommunikation zuständiger Staatssekretär, wehrt sich gegen diese Vorwürfe. Allerdings müsse man die Horthy-Zeit neu interpretieren. Die dreißiger Jahre seien in Ungarn nicht schlimmer gewesen als in Großbritannien.