Die Bildung der großen Koalition hat bekanntlich nicht gerade zu einem Freudentaumel im SPÖ-Parlamentsklub geführt. Man sieht zu viele für die eigene Klientel schmerzhafte Kompromisse - und seien diese auch noch so sehr symbolischer Natur wie etwa die Studiengebühren.
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Nur einem im SPÖ-Klub dürfte mit dem rot-schwarzen Pakt ein Stein vom Herzen gefallen sein: Ein SPÖ-Minderheitskabinett, in der es bei jeder Abstimmung auf jede Stimme ankommt - das wäre so ziemlich der politische Albtraum von Alexander Zach gewesen.
Der 30-jährige Chef des Liberalen Forums, der nur dank eines SPÖ-Listenplatzes in den Nationalrat einzog, genießt daher sichtlich die politische Narrenfreiheit, die ihm die große Koalition dank ihrer Stimmenmacht gewährt.
So kann er ungestört von roten Appellen an die Klubdisziplin sein Hauptprojekt bearbeiten: Der Wiederbelebung des totgeglaubten LIF für die Nationalratswahlen 2010. In diesem Jahr will die Partei, 1993 von Heide Schmidt gegründet und später von ihr wieder eigenhändig versenkt, einen neuen Anlauf nehmen, sich als selbständige politische Kraft zu etablieren. Ein SPÖ-Listenplatz ist schließlich nicht der ideale Ausweis politischer Unabhängigkeit. Die bis dahin auf dem Weg liegenden Landtagswahlen will das LIF lieber auslassen. Von wegen Verlierer-Image und so.
Dass der Einzug in den Nationalrat zu schaffen ist, davon ist Zach naturgemäß überzeugt. Umwerben will er vor allem die neuen Selbständigen, die seiner Ansicht nach weder von ÖGB und AK noch von der Wirtschaftskammer und auch nicht von den auf sozialpolitische Themen fixierten Grünen vertreten werden.
Zwei Vorzeige-Themen hat Zach auch schon längst: Die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten und die Einführung einer Grundsicherung. Dass die SPÖ mit seiner Rollläden-rauf-Politik keine Freude hat, ist bekannt.
Bei der Grundsicherung tritt Zach für ein radikales Modell für alle ein - allerdings sollen im Gegenzug sämtliche sozialen Transferleistungen wegfallen. Ausgenommen wären nur Beihilfen für Behinderte, Pflegebedürftige und ähnliches.
Mit dem von der Regierung geplanten Modell einer Mindestsicherung hat das allerdings nicht mehr viel zu tun.
Entsprechend laut denkt Zach darüber nach, ob er am Ende nicht gegen das erklärte SPÖ-Lieblingsprojekt im Parlament stimmen soll. Der SPÖ wärs wohl egal - und das LIF hätte wieder ein bisschen mehr Eigenständigkeit amtlich dokumentiert.
Bleibt am Ende die uralte Frage, wem eine eigenständige Kandidatur des LIF nützt und schadet. Aus Sicht der SPÖ bleibt zu hoffen, dass sich die Kanzler-Partei mit der Überlebenshilfe für das LIF nicht einen schon vergessen geglaubten Konkurrenten um kostbare Wählerstimmen im knappen Rennen um Platz eins hochgepäppelt hat.