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Mit neuen Steuern gegen die Pandemie

Von Lukas Sustala

Gastkommentare
Lukas Sustala ist Stellvertretender Direktor des Thinktanks Agenda Austria und Projektleiter im Fachbereich "Steuern, Budget und Finanzmärkte".
© Markus Rössle

Die Erbschaftssteuer wird zu einer Steuerstrukturreform wenig beitragen.


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Krisen sind oft die Zeit, in der Forderungen wiederholt werden, die sowieso schon lange vertreten werden - wenn die Welt wankt, will man zumindest ideologisch Standfestigkeit beweisen. Das Problem ist nur, mit der Krise, ihren Ursachen und Herausforderungen, hat das dann alles herzlich wenig zu tun.

Und so diskutiert die Republik gerade aufgeregt zum nicht gerade ersten Mal über Wohl und Wehe einer altbekannten Erbschafts- und Schenkungssteuer. Werner Kogler, Grünen-Chef und Vizekanzler, meinte in einem Interview - ohne genauere Zahlen zu nennen -, er sei "für einen rigorosen Beitrag von Millionen- und Milliardenerben" zur Finanzierung der Corona-Krisenkosten. Er hoffe, dass der Corona-Schock groß genug für ein Umdenken sei.

Unterwirft man eine Steuer für Erbschaften und Schenkungen einer rigorosen Analyse, dann stellt sich das Bild klar dar. Der Corona-Schock ist eher groß genug, um nicht an eine Erbschaftssteuer zu denken. Aktuelle Zahlen der Budgethüter des Fiskalrats zeigen, dass die Neuverschuldung 2020 wohl bei rund 20 Milliarden Euro liegen dürfte. Mit Fortdauer des Ausnahmezustands wird die Zahl eher größer als kleiner ausfallen. Die Erbschaftssteuer, die in den letzten Jahren vor ihrer Abschaffung 140 bis 160 Millionen Euro jährlich erlöste, wird zu einer Steuerstrukturreform hingegen wenig beitragen, gerade mit Freibeträgen für alles unter einer Million Euro an Vermögen. Dazu kommen noch die vergleichsweisen hohen Kosten der Einhebung, einer der Gründe, wieso der internationale Trend eher in Richtung Abschaffung denn Einführung von Erbschaftssteuern gegangen ist.

Andere Diskussionen wären da deutlich konstruktiver. Ökonomisch ist die Priorität klar: Das oftmals lässig ausgesprochene "Hochfahren" der Wirtschaft muss auch tatsächlich funktionieren. Es hängen alleine an den Arbeitsplätzen von 20.000 Mitarbeitern in der Industrie mit ihren mehr als 630.000 Beschäftigten im Schnitt Abgaben und Steuern von 500 Millionen Euro pro Jahr. Und da sind Gewinnsteuern, die auf Unternehmensebene anfallen, noch nicht dabei.

Ein Erfolg beim Hochfahren der zehntausenden Unternehmen, die aktuell deutlich weniger produzieren, ist viel entscheidender für das Abtragen der Pandemie-Krisenkosten.

Das Timing der Diskussion ist auch noch aus einer anderen Sicht verkehrt. Der staatlich verordnete "Shutdown" zehrt sukzessive das Eigenkapital in den Unternehmen auf - der wichtigste Teil des Vermögens in Österreich. Bei vielen wird das die Insolvenz bedeuten, wenn nicht neues Eigenkapital zugeschossen wird. Auf diesen Kapitalbedarf mit Substanzsteuern zu antworten, hat etwas vom Brandbeschleuniger, wo es eigentlich ums Löschen gehen sollte.

So aber führen so manche eine Verteilungsdebatte, ohne zu wissen, was es in der wohl heftigsten Rezession seit 1945 zu verteilen gilt außer Verluste. Dabei ist klar, was es braucht, wenn sich die positiven Signale zu einer Rückkehr der Normalität mehren sollten: kräftige Investitionen und mehr Wachstum, damit auch neue Jobs entstehen und nicht nur bestehende mit teuren Subventionen geschützt werden.

So eine Wirtschaft: Die Wirtschaftskolumne der "Wiener Zeitung". Vier Expertinnen und Experten schreiben jeden Freitag über das Abenteuer Wirtschaft.