Über Mauretanien nach Südeuropa. | Spanische Helfer fahnden vor Kanaren nach Flüchtlingen. | Madrid/Rom. (afp) Zwischen Hoffnung und Angst schwankend sitzen sie gedrängt in einem kleinen Boot. Die 32 Flüchtlinge aus Afrika hoffen darauf, endlich europäischen Boden zu erreichen, als sich ihnen die "Punta Salinas" nähert, ein Schiff der spanischen Seerettung. Kapitän Juan Ortiz verlangsamt die Fahrt. Seit einer Woche ist die "Punta Salinas" unterwegs, um vor der Küste der kanarischen Inseln Flüchtlinge zu suchen, die ihr Leben mit der Fahrt in motorisierten Nussschalen aufs Spiel setzen. Wen die "Punta Salinas" aufnimmt, hat Glück gehabt. Andere bezahlen den Traum vom besseren Leben mit dem Tod.
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Das Schiff der Seerettung nähert sich dem 15 Meter langen Boot, vorsichtig werden die 32 Flüchtlinge an Bord gehievt. Den Afrikanern sind die Strapazen der vergangenen Tage anzusehen. Einige haben rote Augen und schwanken vor Müdigkeit. Andere schlottern vor Kälte in ihren durchnässten Kleidern. Wortlos setzen sie sich auf die ihnen zugewiesenen Plätze auf dem Hauptdeck.
"Zum Glück sind wir gesund und in Sicherheit. Das war sehr gefährlich", seufzt Flüchtling Usman. "Wir haben das Boot gemeinsam gekauft", berichtet er. Jeder an Bord habe umgerechnet rund 300 Euro gezahlt. Als Vorräte seien zehn Wasser-Kanister à 60 Liter, salziges und süßes Gebäck, Zucker und Tee besorgt worden.
"Riskieren unser Leben, um zu überleben"
"Wir haben auf offener See ein gekentertes Boot gesehen. Es war in zwei Teile gebrochen", erinnert sich Usman. "Wir kannten die Gefahren. Aber es gab keinen anderen Ausweg." In Afrika gebe es nun einmal keine Arbeit und keine Aussicht auf ein besseres Leben. "Wir riskieren unser Leben, um zu überleben." Er und seine Reisegenossen können von Glück sprechen, ihr Abenteuer lebend überstanden zu haben. Nach Angaben des mauretanischen Roten Halbmonds sind seit Januar bis zu 1300 Afrikaner bei ihrer Flucht aus Mauretanien in Richtung Kanaren ums Leben gekommen. Unstetes Wetter und starker Schiffsverkehr machen die Route besonders gefährlich. Südlich der kanarischen Inseln wurden erst am vergangenen Mittwoch die Leichen von 17 Flüchtlingen entdeckt.
Das am Atlantik gelegene Mauretanien hat sich in den vergangenen Wochen zum Sprungbrett für Afrikas Flüchtlinge entwickelt, seit der einfachere Weg über Marokko aufs spanische Festland stärker überwacht wird.
Ob Usman in Zukunft für gutes Geld in Europa arbeiten wird, ist ungewiss. Möglicherweise wird er in seine Heimat abgeschoben. Wo die ist, verrät er aber nicht. Erst sagt er, er komme aus der Elfenbeinküste, dann will er aus Yaounde, der Hauptstadt von Kamerun, stammen. Es klingt ein wenig auswendig gelernt. Beide Länder haben bisher kein Abkommen mit der EU über die Abschiebung illegaler Einwanderer.
"Was werden sie mit uns machen?", lautet Usmans bange Frage, als die "Punta Salinas" unter den Augen von Urlaubern im Hafen Puerto de los Cristianos auf der Ferieninsel Teneriffa einläuft. Ein ganzes Empfangskomitee aus Rot-Kreuz-Mitarbeitern, Zivilgarde und Übersetzern erwartet die Flüchtlinge.
45 Tage Unsicherheit auf der Insel Teneriffa
Sie bekommen trockene Kleidung, Decken und Essen. Im örtlichen Polizeikommissariat werden die illegalen Einwanderer registriert und 45 Tage auf der Insel festgehalten, bis sie auf das spanische Festland gebracht werden. Dort fällt die Entscheidung über Abschiebung oder Bleiberecht. Die "Punta Salinas" muss inzwischen wieder los - zum heute dritten Boot mit Flüchtlingen, die in Europa auf ihr Glück hoffen.