Irans Vizepräsident Sorrena Sattari über die Beziehungen zu Österreich und den USA unter Donald Trump.
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"Wiener Zeitung": Der Iran versucht, in Europa nach der Aufhebung der nuklearbezogenen Wirtschaftssanktionen wirtschaftlich wieder Fuß zu fassen. Dies gelingt - Stichwort die von Präsident Hassan Rohani angestrebten Milliardenprojekte - jedoch bisher nur bedingt. Ist das nicht ernüchternd?Sorrena Sattari: Wir versuchen, die Wirtschaftsbeziehungen mit Europa deutlich zu intensivieren. Diese Woche sind mehr als 40 Firmen, die sich mit wissensbezogenen Technologien befassen, nach Österreich gereist, um hier Investments zu lukrieren. Das sind neue Schritte der Regierung, um unseren Horizont zu erweitern.
Der Iran sagt immer, dass Österreich eine Schlüsselrolle einnimmt in Europa. Wenn man sich aber die Investments und Vertragsabschlüsse zwischen Teheran und Europa nach dem Atom-Deal ansieht, dann sieht die Realität anders aus. Länder wie Frankreich, Italien oder die Schweiz ziehen um Längen davon. Warum?
Einer der Gründe für diesen Umstand ist die Tatsache, dass die von Ihnen angesprochenen Länder schon vor den im Zusammenhang mit dem Atomstreit verhängten Sanktionen im Iran sehr aktiv waren. Daher ist es nur logisch, dass sie nach der Aufhebung der Strafmaßnahmen wieder dort ansetzen und ihr Iran-Geschäft massiv vorantreiben. Viele Firmen hatten auch schon jahrelange Partner im Iran, zu denen ein Vertrauensverhältnis gegeben ist. Aber zu Österreich: Ihr Land hat jetzt eine sehr gute Chance, weil es viele Möglichkeiten gibt, Projekte zu lukrieren.
Welche Sparten schweben Ihnen vor?
Ich denke an Biotechnologie, medizinische Technologie, Nanotechnologie, Umweltschutz, erneuerbare Energien. Derzeit beträgt das bilaterale Handelsvolumen knapp 300 Millionen Euro, es soll in den nächsten Jahren auf eine Milliarde erhöht werden. Als Problem sehe ich etwas anderes: Mit Österreich fehlen Flaggschiffprojekte. Schauen Sie sich etwa die Franzosen mit Airbus, Renault oder Peugeot an. Es fehlen die ganz großen Projekte. Derzeit gibt es aber Diskussionen, mit Österreich Großprojekte zu avisieren, etwa im medizinischen Bereich. Sobald wir ein paar herzeigbare Flaggschiffprojekte haben, werden diese wie bei Airbus zu Lokomotiven, die den ganzen Zug hinter sich mitziehen, davon bin ich überzeugt.
Kommen wir zu den Vereinigten Staaten: Mit Donald Trump und seinem Hardliner-Kurs gegenüber der Islamischen Republik wird der Ton zwischen Washington und Teheran rauer. Ist das nicht Wasser auf die Mühlen der iranischen Ultrakonservativen in ihrer Argumentation gegen den außenpolitischen Versöhnungskurs von Präsident Rohani und Gift für Ihre wirtschaftlichen Ambitionen?
Was unsere Arbeit im Technologie-Bereich betrifft, kann ich Ihnen sagen, dass derzeit 12.000 Perser in den Vereinigten Staaten studieren. Nirgendwo im Ausland haben wir eine größere Studentengruppe. Diese Brücken zwischen den beiden Staaten kann man nicht so einfach abbauen. Mit Dekreten und Erlassen kann man vielleicht diesen Prozess kurzfristig bremsen, aber nachhaltig ist das nicht.
Trump hat den Atom-Deal als "schlechtestes US-Abkommen aller Zeiten" bezeichnet. Hält der Vertrag Ihrer Meinung nach?
Ja, ich denke, dass am Ende des Tages allem Beteiligten zu der Erkenntnis gelangen werden, dass das Abkommen die beste Lösung im Konflikt war, auch für Sicherheit und Stabilität.