Banden agieren weltweit, insgesamt mehr als 200 Millionen Euro Beute.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Raubüberfälle auf Juweliere gehören in Wien mittlerweile fast schon zur Tagesordnung. Jener vom 12. März in der Wiener Innenstadt auf den Juwelier Arnold sticht allerdings hervor, löste er doch eine regelrechte Verhaftungswelle aus. Nach dem Coup in der Wollzeile wurde einer der Täter relativ rasch im Bezirk Landstraße geschnappt - und war sehr schnell geständig. In der Folge wurden elf weitere Verdächtige festgenommen - zum Teil in Ungarn. Wie Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Donnerstag erklärte, sollen insgesamt fünf Überfälle seit Februar 2012 in Wien und Salzburg auf das Konto der Männer gehen.
Den Gesamtschaden bezifferte die Ministerin mit 567.000 Euro. Peanuts, verglichen mit dem, was das kriminelle Milieu, dem das Dutzend angehören soll, sonst so abgezogen hat. Laut Polizei soll die Gruppe, von den Ermittlern wegen der bevorzugten Fluchtfahrzeuge "Audi-Bande" genannt, Teil der sogenannten "Pink Panther" sein, einer weltweit agierenden kriminellen Organisation mit Wurzeln in Serbien und Montenegro, die sich auf Juwelenraub spezialisiert hat. Dabei ist das, was sie in Österreich erbeutet hat, nur ein Klacks verglichen mit den wirklich großen Coups.
In den vergangenen zehn Jahren haben die "Pink Panther" mehr als 150 Mal zugeschlagen. Die Überfälle waren dabei zum Teil filmreif: Im Mai 2003 spazieren zwei Gangster in das Londoner Juweliergeschäft Graff und machen sich keine drei Minuten später mit Diamanten im Wert von fast 30 Millionen Euro aus dem Staub. 2009 werden in der britischen Metropole sogar Schmuckstücke im Wert von rund 50 Millionen Euro geraubt.
2004 erbeuten sie in Tokyo die "Comtesse de Vendôme", eine Halskette bestehend aus 116 Diamanten mit einem 125-Karat-Klunker in der Mitte im Wert von rund 31 Millionen Dollar - der größte Raub in der Geschichte Japans. Im selben Jahr rauben sie in Paris Juwelen um 20 Millionen Euro, als das Personal gerade durch den Besuch der Frau des Premierministers abgelenkt ist. In Paris machen sie 2008 auch ihren bislang größten Coup mit Beute im Wert von mehr als 80 Millionen Euro.
Im April 2007 rasen sie mit zwei gestohlenen Autos durch die Glasfront eines Einkaufszentrums in Dubai und das Schaufenster eines dortigen Juweliers. Die Beute: rund 10 Millionen Euro. Weitere Coups folgen unter anderem in der Schweiz, Spanien, Belgien, Deutschland und Bahrain. Und eben auch in Österreich.
Keine Organisation,sondern eine Methode
Insgesamt haben die "Pink Panther" Luxusuhren, Schmuck und Juwelen im Wert von mehr als 200 Millionen Euro erbeutet. Allerdings ist "Pink Panther" weniger eine Organisation als eine Methode. "Es ist nicht eine einzelne Bande", erläutert Ernst Geiger, Abteilungsleiter im Bundeskriminalamt, es gebe auch nicht "einen Oberpaten", der alles kontrolliert.
Gemeinsam ist den verschiedenen Banden aber die Herkunft vom Westbalkan, wo Arbeitslose angeworben werden. Bei den Raubzügen im Ausland sind laut Geiger immer mehrere Personen beteiligt, die Beute wird dann schnell außer Landes gebracht. Nicht zuletzt ist den Banden auch gemeinsam, "dass sie über die Märkte verfügen, wo sie die Juwelen und Uhren absetzen können, denn die verkauft man nicht beim Hehler an der Ecke", so Geiger. Ein Großteil der Beute geht demnach nach Russland.
Bei ihren Überfällen gehen sie durchaus brutal vor - teils aber auch äußerst gewieft. So wurde etwa im südfranzösischen Cannes eine Parkbank vor einem Juwelier von den Banditen extra frisch gestrichen, um eventuelle Zeugen fernzuhalten.
Immer wieder konnte die Polizei Mitglieder einer "Pink Panther"-Gruppe dingfest machen. Allerdings gelang auch einigen die Flucht, wie zum Beispiel Dragan Mikic. Der floh 2005 aus einem Gefängnis in Lyon, als Komplizen die Wachen dadurch ablenkten, dass sie mit einem Maschinengewehr auf den Wachturm schossen.
"Pink Panther"
Mit dem drolligen Paulchen Panther aus der Zeichentrickserie haben die "Pink Panther" nichts am Hut. Diesen medienwirksamen Namen bekamen die serbischen Räuberbanden nach einem Überfall auf einen Londoner Juwelier im Mai 2003. Beim bis dahin größten Diamantenraub in der britischen Geschichte wurden Steine im Wert von nahezu 30 Millionen Euro erbeutet. Als man einen der Täter kurz darauf fasste, fand man bei ihm einen 800.000 Euro teuren Diamantring - versteckt in der Cremedose seiner Freundin, genau wie im Film "Die Rückkehr des rosaroten Panthers" von 1975 mit Peter Sellers.