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Mit Pokerface durch die Castings

Von Petra Tempfer

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Keine Emotionen zu zeigen, ist die Kunst des Pokerspiels. Auf ATV wurden in "Poker Boom" das Tricksen, Tarnen und Täuschen mitreißend und faszinierend von Psychologen erläutert - wie die nahezu unsichtbare Sprache des Gegners über Stirnfalten oder Mundwinkel erlernt und somit verstanden werden kann. Emotionslos zu sein, wird auch den Poker-Dealer-Nachwuchs gelehrt. Nahezu beängstigend wirkt dabei die Verwandlung fröhlicher Jugendlicher in mimiklose, Zombie-ähnliche Kartengeber.


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Und dennoch: Angesichts aktueller Staffeln wie "Austria’s Next Topmodel" oder "Deutschland sucht den Superstar" wirkt die scheinbar abgebrühte Poker-Jugend sogar irgendwie erfrischend. Brechen doch sämtliche Möchtegern-Topmodels auf Puls4 unter dem kühlen, von extra langen Atempausen zerrissenen Urteil Lena Gerckes regelmäßig in Heultiraden aus. Oder klappen auf RTL selbsternannte Superstars unter der herben, mittlerweile ohnehin schaumgebremsten Kritik Dieter Bohlens hinter der Bühne schluchzend zusammen. Und damit die Maskenbildner ja nicht zum Däumchen-Drehen kommen, indem sie mit dem Retuschieren zerronnener Wimperntusche oder abwärts fließenden Rouges kaum nachkommen, stimmen diverse Mitstreiter ebenfalls in den Wehgesang mit ein. Vor kurzem rannen auch noch bei Gercke selbst die Tränen, als sie ihre persönliche Favoritin nach Hause schicken musste. Mitwirkende und Zuseher drohen also von Emotionswellen überflutet zu werden - wer dabei ein Pokerface bewahren kann, hat vermutlich das Handwerkszeug der Castingshows eiskalt durchschaut.