Nicht nur im Bund, auch in Niederösterreich ist die SPÖ auf der Suche nach einer besseren Zukunft.
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Im Schatten der Krise der Bundes-SPÖ versucht sich derzeit die niederösterreichische Landespartei neu zu erfinden. Man will sich nicht länger mit den Brosamen begnügen, die vom Tisch der ÖVP herabfallen. Neo-Parteichef Josef Leitner, Nachfolger der glücklosen Heidemaria Onodi, sucht sein Glück in der Offensive.
Das ist im Land Erwin Prölls allerdings nicht ungefährlich. Als Leitner das Nein der SPÖ zum Landesbudget 2009 deponierte, entzog ihm die mit absoluter Stimmen- und Mandatsmehrheit ausgestattete Volkspartei kurzerhand wesentliche Kompetenzen. Fortan ist Leitner in der Landesregierung nur noch für Konsumentenschutz und einige Randbereiche in Gemeindefragen zuständig. Also praktisch für nichts.
Sachlich entzündet hat sich der Streit an der Forderung der SPÖ nach mehr Geld für Pendler, Pflege und Rettungsdienste. Doch wie stets im Leben hat alles auch eine zweite Seite. Die ist diesem Fall atmosphärischer Natur. Leitner fühlt sich übergangen, im wahrsten Sinn des Wortes links liegen gelassen - von der ÖVP und von Pröll. Das letzte persönliche Gespräch zwischen den beiden Parteichefs, die eigentlich durch ein Arbeitsübereinkommen verbunden sein sollten, fand laut Leitner zwei, drei Wochen nach der konstituierenden Sitzung des Landtags statt. Die ging am 10. April über die Bühne.
Aus Sicht der ÖVP hat die SPÖ mit ihrem Nein zum Budget das Arbeitsübereinkommen gebrochen. Überhaupt stößt man sich hier an den kämpferischen Tönen aus dem Mund des neuen SPÖ-Chefs. Entweder Opposition oder Mitregieren, beides gleichzeitig werde man ganz sicher nicht zulassen. Im Fall von Opposition gibt´s eben Kompetenzentzug. "Pröll ist keiner, der mit sich spielen lässt", bringt es ein Kenner niederösterreichischer Verhältnisse auf den Punkt. Und mit dem Wahlergebnis von 54,3 Prozent vom 9. März hat er auch ein gutes Argument auf seiner Seite. Die SPÖ verlor am selben Tag 8 Prozentpunkte und stürzte auf 25,6 Prozent ab.
Bisher ist noch jede SPÖ-Strategie am schwarzen Bollwerk in Niederösterreich zerschellt. Ex-Innenminister Karl Schlögl versuchte es Anfang des neuen Jahrtausends mit Offensive und kantigen Ansagen. Nach kurzer Zeit verließ ihn der lange Atem, den man für diese Strategie in Niederösterreich braucht. Seine Nachfolgerin Onodi versuchte es dann wieder mit einem Kuschelkurs. Die Wähler zollten ihr kein Lob. Nun versucht es der 36-jährige Leitner eben wieder mit Angriff.
Sollte die SPÖ bei ihrem Nein zum Budget bleiben, dürfte das Arbeitsübereinkommen nicht einmal mehr das Papier wert sein. Dann ist Leitner zwar den Zwang zu lästigen Kompromissen los, dafür muss er sich den knappen Raum für Widerstand und Protest mit FPÖ und Grünen teilen. Und zum Verteilen hat er dann als Vize-Landeshauptmann auch nichts mehr.