Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Europa macht Ernst mit seiner Kampfansage an die digitalen US-Konzerne und deren in jedem Sinne überwältigende Marktmacht. Nicht in einer großen Schlacht, sondern - wie es der physischen wie psychischen Natur der Europäischen Union entspricht - in Form eines zermürbenden Kleinkriegs, der Google, Facebook, Amazon & Co in eine Vielzahl kleinerer wie größerer rechtlicher Auseinandersetzungen verwickelt. Für alles andere würde Europa sowohl die Struktur als auch die politische Kraft fehlen.
Das Recht muss es richten, nicht die nackte Macht.
Am Donnerstag erklärte die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde, dass sie gegen den Online-Händler Amazon wegen des Verdachts des Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung ermittelt. In Deutschland läuft ein entsprechendes Verfahren gegen Amazon bereits seit November 2018. Die Nachricht aus Österreich, die von der nationalen Politik ausdrücklich begrüßt wird, reiht sich nahtlos in eine lange Reihe wohlkalkulierter Bedrängungen der US-Datenkonzerne ein. Erst vergangene Woche erklärte die deutsche Kartellrechtsbehörde ihre Absicht, Facebook weitreichende Beschränkungen aufzuerlegen, um die Datensammelwut des weltweit größten Internet-Netzwerks zu zügeln. Amazon steht seit September auch im Visier der Wettbewerbshüter auf europäischer Ebene. Wegen unzulässiger Steuerdeals musste Luxemburg 280 Millionen Euro nachträglich von der Handelsplattform kassieren. Die Betonung liegt auf dem Wörtchen "musste". Im Sommer 2018 war es wiederum die EU-Kommission unter Anleitung der angriffslustigen liberalen Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager aus Dänemark, welche die Rekordsumme von 4,3 Milliarden Euro an Strafzahlungen gegen Google verhängte. Der Grund klingt mittlerweile bekannt: Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung, diesmal bei den mobilen Betriebssystemen. Und Vestager hat auch den Bezahldienst Apple Pay im Auge.
Natürlich versteht es sich von selbst, dass sich die digitalen US-Konzerne mit all ihren rechtlichen wie politischen Möglichkeiten gegen die europäischen Bedrängungen zur Wehr setzen. Die wenigsten Verfahren sind bereits abgeschlossen und die Urteile beziehungsweise Strafen rechtskräftig. Und dann kann es immer noch passieren, dass dieser Konflikt um Steuerzahlungen und Marktmacht auf höchste politische Ebenen gehoben wird. Niemand sollte glauben, dass die USA ihre Monopolstellung bei der digitalen Plattform-Ökonomie - ausgenommen sind nur Länder mit autoritären Regimen - widerstandslos preisgeben werden. Und dabei ist völlig irrelevant, welcher Präsident im Weißen Haus residiert.