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Mit rechten Sprüchen ins Abgeordnetenhaus

Von Martyna Czarnowska und Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Haider, Le Pen, Blocher und Wilders als Symbole für die Veränderungen in Parteienlandschaft. | Rechtspopulisten auch in Regierungen. | Wien/Brüssel. Fast hätte er Mozart verdrängt. Jahrelang war es nicht der weltberühmte Komponist, sondern Jörg Haider, mit dem Österreich im Ausland zuerst assoziiert wurde. Wer von dem Alpenland - so gut wie - keine Ahnung hatte, fragte Reisende aus Österreich zumindest nach dem Rechtspopulisten, der den kleinen Staat immer wieder in die internationalen Schlagzeilen brachte. | Wiener Zeitung-Interview mit dem Politologen Jürgen W. Falter | Reinfeldt-Sieg mit Wermutstropfen


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Jörg Haider, der in den 90er Jahren die FPÖ zur zweitstärksten Kraft in Österreich gemacht hatte, stand für den Rechtsruck eines Landes. Er war aber nur eines von mehreren Beispielen für den wachsenden Erfolg des Rechtspopulismus in Europa. Fast zeitgleich gewann in Frankreich der Front National um Jean-Marie Le Pen an Einfluss, und in der Schweiz rückte Christoph Blocher die Volkspartei ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit.

Wenige Jahre später sorgte der Islam-Kritiker Geert Wilders in den Niederlanden für Unruhe auf der politischen Bühne, ebenso wie der selbst ernannte Bauernführer Andrzej Lepper von der rechtspopulistischen Samoobrona (Selbstverteidigung) in Polen oder Jan Slota von der Slowakischen Nationalpartei.

In den letzten 20 Jahren schwappte der Rechtspopulismus in Wellenbewegungen quer über die europäischen Staaten. Mal gewann, mal verlor er an Kraft. In der Slowakei etwa mussten die Nationalisten bei der letzten Parlamentswahl erhebliche Verluste hinnehmen.

In anderen Ländern hingegen haben sich Rechtspopulisten auch in Regierungen etabliert. So stellt die italienische Lega Nord in Rom vier Minister. In Ungarn wurde der nun regierende rechtspopulistische Bund Junger Demokraten (Fidesz) bei den Wahlen im April mit einer Zweidrittelmehrheit ausgestattet. Die Schweizerische Volkspartei ist die stärkste Kraft im Nationalrat in Bern.

In fast 20 europäischen Staaten sind Rechtspopulisten bis hin zu Rechtsextremen im Parlament vertreten. In Ungarn etwa ist es die offen antisemitische Partei Jobbik, die sich sogar eine paramilitärische Einheit hält. In den Niederlanden ist Wilders Partei für die Freiheit zur drittstärksten Kraft aufgestiegen. In Belgien hingegen erlitt die rechtsextreme und ausländerfeindliche Partei Vlaams Belang heuer Einbußen.

In Schweden wiederum haben die Schwedendemokraten, die noch vor ein paar Jahren als rechtsextremistisch eingestuft wurden, am Sonntag den Einzug in den Reichstag geschafft. Ein Vorbild für sie könnte die dänische Volkspartei sein, die seit Jahren eine Minderheitsregierung duldet und dabei die Ausländerpolitik des Landes nach rechts lenken konnte.

Zu wenige für einegeeinte Fraktion

Im Europäischen Parlament allerdings spielen die rechtspopulistischen Parteien - in ihren zwei Abstufungen - keine wesentliche Rolle. So finden in der Fraktion "Europa der Freiheit und Demokratie" (EFD) mit 30 von 736 Sitzen zwar ziemlich weit rechts stehende Gruppierungen wie die Dänische Volkspartei oder die UK Independence Party ihr zu Hause. Die Rechtsextremen kommen aber nur auf gut 20 Mandate - und damit zu wenige für die Bildung einer Fraktion.

Zu diesem versprengten Haufen, der mangels institutioneller Gruppenbildung kaum Einfluss auf die Gesetzgebung hat, gehören auch die beiden FPÖ-Abgeordneten Andreas Mölzer und Franz Obermayr. Sie befinden sich in Gesellschaft der niederländischen Partei für die Freiheit, der Separatisten vom belgischen Vlaams Belang, der bulgarischen Utranationalisten von Ataka, der Großrumänischen Partei, der ungarischen Jobbik, des französischen Front National und der British National Party, dem Rechtesten, was das Vereinigte Königreich politisch zu bieten hat.

Doch selbst wenn sie genug Abgeordnete wären, hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass es für Nationalisten unterschiedlicher Länder sehr schwierig ist, zusammenzuarbeiten. Denn vor drei Jahren bestand für ein paar Monate die Fraktion "Identität, Tradition, Souveränität", bei der Mölzer einer der maßgeblichen Initiatoren war. Als die damalige Europaabgeordnete Alessandra Mussolini von den italienischen Neofaschisten dann aber Rumänen als "kriminelle Zigeuner" bezeichnete, ließen die Großrumänen das Bündnis platzen. Seither ist es dem Grüppchen am rechten Rand nicht wieder gelungen, auf einen Nenner zu kommen.