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Mit Samthandschuhen in Warschau

Von Walter Hämmerle aus Warschau

Politik

Beim Staatsbesuch des Bundespräsidenten standen EU-Fragen und Wirtschaft im Fokus.


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Polen gilt, jedenfalls in westeuropäischen Kreisen, als europapolitischer Problembär, dessen konservativ-nationalistische Regierungspartei PiS ("Recht und Gerechtigkeit") in Sachen Rechtsstaatlichkeit, sexuelle Minderheiten und Migration gegen den westlich-liberalen Mainstream schwimmt. Gleichzeitig weist die polnische Wirtschaft nicht zuletzt dank 38 Millionen kauffreudiger Konsumenten eine beachtliche Dynamik auf, die für einen auch für österreichische Unternehmen höchst attraktiven Markt sorgt.

Diese beiden Dimensionen - die herausfordernde europapolitische und die erwartungsfrohe wirtschaftliche - setzten den Rahmen für den Staatsbesuch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) begleitet wurde, bei seinem polnischen Amtskollegen Andrzej Duda am Dienstag in Warschau. Polens Präsident hielt sich bei der gemeinsamen Pressekonferenz nicht lange mit diplomatischen Floskeln auf. Die teils massive Kritik tat Duda als "politischen und ideologischen Konflikt mit einzelnen Politikern im EU-Parlament und in der EU-Kommission" ab. Den Widerstand der EU-Kommission gegen die Reform des polnischen Justizwesens und die Zurückhaltung von EU-Geldern nannte er einen "Angriff gegen eine demokratisch gewählte Regierung" und verwies darauf, dass etliche Richter noch aus der kommunistischen Ära stammen würden. Außerdem sei die Organisation der Justiz eine innere Angelegenheit jedes Landes.

Was die Lage an der belarussischen Grenze angehe, so versuche das Regime des autoritären Präsidenten Alexander Lukaschenko gezielt, die EU zu destabilisieren, indem es Flüchtlinge aus Syrien und Irak an die grüne Grenze bringe. Sein Land, so Duda, verteidige nicht nur die polnische, sondern auch die Schengen-Grenze, die hier auch mit der EU-Außengrenze zusammenfalle: "Wir erfüllen hier unsere europäische Pflicht, wir verteidigen Europa."

Duda sieht eine "hybride Kriegsführung gegen Polen"

Allerdings üben Hilfsorganisationen massive Kritik am harten polnischen Vorgehen im Umgang mit den von Lukaschenko gezielt instrumentalisierten Flüchtlingen - Duda sieht eine "hybride Kriegsführung gegen Polen". So sehr sich Warschau gegen muslimische Flüchtlinge wehrt, so engagiert unterstützt es die belarussische Opposition und Flüchtlinge.

Österreichs Bundespräsident äußerte sich zurückhaltend und ohne direkte Kritik am Gastgeber. Zur Lage an der Grenze betonte er, mit Duda einig zu sein, dass Lukaschenkos Verhalten inakzeptabel sei. Und zum Streit um die Justiz erklärte Van der Bellen, Duda habe ihm in dem ausführlichen Gespräch "neue Informationen" gegeben, die ihm einen neuen Blick ermöglichen würden. Zwar unterstrich er, dass es bei der Einhaltung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs keine Diskussionen geben könne, er fügte jedoch hinzu, dies gelte nur dann, wenn es sich auch um europäische Kompetenzen handle.

Um die Chancen ging es beim nachmittäglichen Wirtschaftsforum. Aktuell sind rund 600 heimische Unternehmen mit in Summe mehr als 50.000 Beschäftigten im fünftgrößten EU-Mitgliedsland aktiv. Gleichzeitig pendeln in etwa gleich viele Arbeitnehmer aus Südpolen nach Österreich. Österreichs Direktinvestitionen belaufen sich auf 6 Milliarden Euro, während Polen umgekehrt verschwindende 15 Millionen Euro in Österreich investiert. Polen hat Nachholbedarf bei Energieeinsatz und Umwelttechnologien, hier gibt es Chancen für heimische Unternehmen.

Seit Jahren ein besonderes Anliegen ist Polen der Umgang Österreichs mit dem oberösterreichischen KZ Gusen, einem einstigen Außenlager des KZ Mauthausen, weil hier mehr als 27.000 Polen ermordet wurden. Nachdem Polen selbst einen Ankauf erwog, wird das in Privatbesitz befindliche Gelände nun von der Republik erworben. Dafür sprach Duda Österreich seinen ausdrücklichen Dank aus. Im Gegenzug lud Van der Bellen seinen Amtskollegen herzlich nach Österreich ein.