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Mit Schönheitschirurgie Millionen in den Sand gesetzt

Von Kid Möchel

Wirtschaft
Klinik-Alltag: In der Privatklinik Wien-Währing legten sich zu wenige Patienten unters Messer.
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Privatklinik hat 7,3 Millionen Euro Schulden. | Insolventes Spital sucht dringend einen neuen Investor.


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Wien. Mit Schönheitschirurgie ist auch nicht mehr das große Geld zu verdienen. Das gilt zumindest für die Privatklinik Wien-Währing (48 Mitarbeiter), die Primar Peter Hernuss vor drei Jahren eröffnet hat.

Die deutsche Kliniken Prof. Dr. Hernuss Betriebs & VerwaltungsgmbH und ihre österreichische Mutterfirma Med & More GmbH haben Insolvenz angemeldet.

"Die Privatklinik musste sich bisher vor allem auf die Schönheitschirurgie beschränken", heißt es im Sanierungsantrag. "Die Auslastung liegt aktuell lediglich bei etwa 30 Prozent." Diese schlechte Auslastung bescherte laufend Verluste.

Laut Creditreform und KSV1870 haben beide Gesellschaften insgesamt rund 7,3 Millionen Euro Schulden, davon entfallen 5,68 Millionen Euro auf die Volksbanken-Gruppe. Der Buchwert der Aktiva wird mit 2,72 Millionen Euro beziffert.

"Das Vermögen besteht im Wesentlichen aus den getätigten Investitionen für die Einrichtung der Klinik", heißt es im Antrag weiter. "Diese Investitionen sind jedoch nur dann werthaltig, wenn es gelingt, das Sanierungsverfahren zu einem positiven Abschluss zu bringen." Nachsatz: "Wesentlich wird letztlich sein, ob die laufenden Beteiligungsgespräche mit potenziellen Investoren positiv abgeschlossen werden können."

In der Zwischenzeit schießt die Familie Hernuss der "Krankenanstalt" 350.000 Euro zu, um den Fortbetrieb für drei Monate zu sichern. Zuvor soll Peter Hernuss schon rund drei Millionen Euro in Form eines Darlehens in das marode Privatkrankenhaus gesteckt haben. Hernuss, der einst auch die Privatklinik Wien-Döbling gegründete hatte und später verkaufte, wollte in Wien-Währing sein Erfolgsmodell wiederholen. Doch das ging schief.

Falsche Rechnung

Um bei der Gründung eines Krankenhauses in Wien der gesetzlichen Bedarfsprüfung zu entgehen, domizilierte Hernuss die Betreibergesellschaft für die Privatklinik Wien-Währing im deutschen Kulmbach und verlagerte die Geschäftstätigkeit in deren "Zweigniederlassung" nach Wien.

Laut Insolvenzantrag wurde der Betrieb der Klinik erst aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom März 2009 bewilligt. Dieses besagt, laut Angaben der Klinik-Anwälte, dass die Anwendung der Bedarfsprüfung auf Krankenanstalten aus dem "EU-Ausland" der Niederlassungsfreiheit widerspreche. Doch damit hatte Hernuss noch nicht viel gewonnen.

Denn: Da seine Privatklinik nicht im Privatkrankenkassenanstalten-Finanzierungsfonds-Gesetz (Prikraf) aufgelistet ist, wurde dem neuen 20-Betten-Spital in der Wiener Kreuzgasse die Abgeltung der erbrachten Leistungen aus diesem Fonds versagt. Auch die Wirtschaftskammer Österreich und der Hauptverband der Sozialversicherungen sollen Verträge mit der Klinik abgelehnt haben. "Durch die Nichtaufnahme in den Fonds ist der Klinik ein massiver Wettbewerbsnachteil entstanden", wird im Insolvenzantrag beklagt. "Das führt letztlich dazu, dass die Patienten die Klinik meiden, da sie ihre Kosten nicht rückerstattet erhalten." In der Folge stand das private Medizinzentrum großteils leer.

Beide Gesellschaften bieten ihren Gläubigern eine 30-Prozent-Quote, dafür sind rund 2,3 Millionen Euro plus die Verfahrenskosten nötig. Detail am Rande: Auf der Homepage der Privatklinik Wien-Währing wird der TV-Schönheitschirurg Artur Worseg als "Belegarzt" angeführt, der selbst in Wien eine eigene Schönheitsklinik betreibt.