Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Eine Veranlagung zum Voyeurismus (über das "Beobachten sexueller Handlungen" hinaus, auf die der Duden den Begriff beschränkt) hat wohl jeder Mensch - sei es aus beruflichen oder privaten Gründen. Das kommt dem zunehmenden Hang zum Trash (als Begriff übrigens erst im Jahr 2000 in den Duden aufgenommen) entgegen, den es im Fernsehen immer öfter zu sehen gibt: sowohl beim Publikum als auch bei den Verantwortlichen etlicher TV-Sender. Wie sonst könnte man den Start der zweiten Staffel der "Doku-Soap" "Tausche Famile" am Dienstagabend auf ATV+ erklären. Alleine der Begriff "Doku-Soap" zeugt von der Vermischung von Fiktion und Realität. Dem Publikum wird das "wahre Leben" vorgegaukelt, so wie es sich viele nicht einmal in den kühnsten Albträumen vorzustellen wagen.
Ob das rassistische Weltbild, das einige der handelnden Personen vermitteln, tatsächlich das ihre ist, vermag nur der Sender selbst zu sagen. Die Präzision der Kameraeinstellungen und die Dramaturgie der Szenen deuten allerdings auf eine geplante Inszenierung hin, obwohl der Sender das auf der Homepage verneint. Unappetitlich ist die Sendung allemal. Für ATV+ ist "Tausche Familie" ein billiger Versuch, durch Provokation mehr Reichweite und Bekanntheit zu erreichen. Der Kampf ums Überleben neben dem großen Bruder ORF ist hart. Der Schritt vom jugendlichen, mutig-provokativen Knall-Sender zum abstoßenden, die untersten Schubladen bedienenden Trash-TV ist allerdings ein kleiner - und den hat ATV+ nunmehr getan.