Bukarest und Sofia noch ein Jahr im Warteraum. | Gegner des Schengen-Beitritts werden weniger.
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Brüssel. Die Hälfte der vier offenen Gegner eines Schengen-Beitritts von Bulgarien und Rumänien könnte schon nächste Woche ihren Widerstand aufgeben. Die Aufnahme der beiden jüngsten EU-Länder könnte in zwei Schritten im heurigen Oktober und Sommer 2012 erfolgen. Denn die für kommenden Mittwoch erwarteten Berichte der EU-Kommission über die Fortschritte der beiden jüngsten Mitgliedstaaten in Richtung EU-Standards sollen dem Vernehmen nach ziemlich positiv ausfallen.
Es habe einige Erfolge im Ringen um eine unabhängige und leistungsfähige Justiz sowie beim Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität gegeben, hieß es in Diplomatenkreisen. Die EU-Standards seien aber auch viereinhalb Jahre nach dem Beitritt noch nicht hundertprozentig erfüllt; die Überwachung der zwei EU-Länder müsse fortgesetzt werden, sagte ein Kommissionsvertreter - womöglich noch ein Jahr lang.
Für Deutschland und Finnland sollten die Fortschritte für die Schengen-Freigabe aber ausreichen, meinten Diplomaten. Schon im Juni haben sämtliche Innenminister den Bulgaren und Rumänen attestiert, alle technischen Voraussetzungen für den Beitritt zum Schengen-Raum zu erfüllen. Berlin und Paris knüpfen die Beitrittsfähigkeit allerdings seit Dezember formell an die Erfüllung von zentralen EU-Standards. Helsinki und Den Haag hatten sich angeschlossen. Der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich ließ inzwischen durchblicken, die Linie nach den anstehenden Fortschrittsberichten ändern zu können.
Auftrag für Autobahn
Als Stolpersteine für den Weg nach Schengen bleiben Frankreich und die Niederlande: Paris habe zwar bis vor einem Jahr nie Probleme mit der Korruption in Bulgarien und Rumänien angemeldet, hieß es. Das Junktim mit den Fortschrittsberichten sei daher ein reiner Vorwand. Tatsächlich habe der französische Präsident Nicolas Sarkozy, der in den Umfragen schlecht liegt, das Thema für den Wahlkampf für die Präsidentenwahlen im Mai 2012 entdeckt. Bis dahin sei daher keine Bewegung zu erwarten, danach aber schon.
Auch der Bauauftrag für eine Autobahn in Rumänien könnte gerüchteweise zur Kompromissbereitschaft der Franzosen beigetragen haben. Laut „Siebenbürgischer Zeitung” ging der Zuschlag für eine 55-Kilometer-Strecke in den Karpaten um 1,5 Milliarden Euro im Frühjahr an ein französisch-griechisches Konsortium.
Offen bleibt die Haltung Den Haags: Der Rechtspopulist Geert Wilders, dessen Partei für die Freiheit die Minderheitsregierung stützt, hat versprochen, Bulgarien und Rumänien nicht in die Schengen-Zone zu lassen, so lange die Kommission nicht volle EU-Standards attestiert - was in einem Jahr so weit sein könnte. Diplomaten hoffen zudem, dass die Niederlande einlenken, wenn sie alleine auf weiter Flur blockieren. Derzeit anvisiertes Kompromisspaket: Wegfall der Grenzkontrollen auf den Flughäfen im Oktober, an den Landgrenzen nach den Wahlen in Frankreich.