Die SPÖ droht mit Blockade der Ökostrom-Gesetz-Reparatur der Regierung im Bundesrat.
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Wien. Wie es um die Energie- und Klimapolitik in Österreich bestellt ist, ließ sich in der Vergangenheit manchmal schon an der Bezeichnung für die jeweilige Reform erahnen. Vergangenes Jahr wurde einmal die sogenannte kleine Ökostrom-Novelle beschlossen. Jahrelange Verhandlungen gingen ihr voraus. Der große Wurf lässt bis heute auf sich warten. Das sperrig benannte Erneuerbare- Ausbau-Gesetz des Umweltministeriums soll heuer fertig werden und 2020 in Kraft treten.
Davor muss allerdings ein Teil des kleinen Ökostromgesetzes repariert werden. Darin wurde bisher nur die Förderung von Biogasanlagen, aber nicht die Anlagen für feste Biomasse, die in der Regel mit Holz arbeiten, berücksichtigt. Für Letztere braucht es eine Übergangslösung bis zum geplanten Gesetz des Ministeriums, da die Ökostromverträge, die die Förderhöhe regeln, für einen beträchtlichen Teil der Anlagenbetreiber in diesem Jahr auslaufen oder 2017 schon ausgelaufen sind. Laut Umweltressort sind 47 der 130 Anlagen in Österreich davon betroffen, die sich durch die niedrigen Einspeistarife wirtschaftlich kaum erhalten können.
Am Mittwoch passierte eine abgeänderte Ökostrom-Novelle mit einer limitierten Verlängerung der Förderung für maximal drei Jahre den Nationalrat. Mit Stimmen der Regierung und den Neos ergab sich die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit. Da die Vorlage Länderinteressen betrifft, muss auch der Bundesrat zu zwei Dritteln zustimmen. ÖVP und FPÖ brauchen dort die SPÖ. Die weigert sich aber wie im Nationalrat. Die Vorlage kann in der Länderkammer aber nicht mehr verändert werden. Das Gesetz kommt also ganz oder gar nicht.
Die Sozialdemokraten haben eine generelle Abneigung gegen Biomasseanlagen. Unter anderem wegen der Nutzungskonkurrenz beim Rohstoff Holz, außerdem seien die Anlagen wirtschaftlich nicht effizient genug. Der frühere Kanzler Christian Kern forderte die Förderung von Wind- und Wasserkraft. Dadurch könne aus seiner Sicht die Produktion neuer Energien deutlich angehoben werden, und das System sei obendrein kostengünstiger.
140 Millionen Euro eingeplant
An der Vorlage der Regierung bemängeln die Sozialdemokraten vor allem die fehlenden Förderhöhen im erneuerten Gesetzestext. Im Bereich Biogas sind diese mit höchstens 11,7 Millionen Euro jährlich sehr konkret in der Novelle verankert.
Das Umweltministerium beziffert die Förderkosten mit rund 140 Millionen Euro für drei Jahre. Abhängig seien die Kosten einerseits davon, wie viele Anlagen die weiteren Mittel in Anspruch nehmen und andererseits, wie sich der Marktpreis entwickelt.
Die konkreten Tarife will die Regierung per Verordnung beschließen. Für die vorherigen Verhandlungen brauche es die neue Ökostrom-Novelle als Grundlage, so ein Sprecher des Umweltministeriums. Wird die Vorlage bei der nächsten Sitzung am 14. Februar durch die Blockade der SPÖ im Bundesrat nicht abgenickt, dann werde es für die 47 Anlagen keine neuen Mittel geben und sie könnten nicht mehr wirtschaftlich geführt werden. Die Verordnung für die Tarife kann Elisabeth Köstinger als Ministerin selbst beschließen, da sie keiner parlamentarischen Zustimmung bedarf. Die Regierung kündigte Verhandlungen mit der SPÖ an. Die betont ihr "Nein" zu diesen Bedingungen.
Keine leichte Umstellung
Auch die Wirtschaftskammer ist mit diesen nicht zufrieden. Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik in der Kammer, hätte die Biomasseanlagen im Zuge der großen Reform lieber gesamt diskutiert. "Jede Mini-Anpassung nimmt jeder größeren Raum, und zig Millionen Euro sind gebunden, das wir für die große Reform brauchen werden", sagt Schwarzer. So laufe das alte System weiter und die Frage nach der Kosteneffizienz und welche Rolle die alten Biomasseanlagen im neuen System spielen werden, werde nicht gestellt. Schwarzer meint, dass die Anlagen beispielsweise ein gutes Backup sein könnten, wenn zu wenig Strom vorhanden ist. "Das mache Sinn, weil wir immer mehr Wind- und Sonnenstrom bekommen werden, die fluktuierend verfügbar sind."
Der Biomasseverband betont naturgemäß die Wichtigkeit der neuen Fördermittel, weil die Zahl der Anlagen sonst bis 2020 auf 60 absinken würde. Die bestehenden 130 Anlagen würden Strom für 600.000 Haushalte und 40 Prozent der erneuerbaren Fernwärme bereitstellen, so Christoph Pfemeter, Geschäftsführer des Verbands. Darauf könne allein wegen der Europäischen Klimaziele nicht verzichtet werden. Gibt es die Biomasseanlagen nicht mehr, "können sie nicht einfach mit volatilen erneuerbaren Energie ersetzt werden, sondern führen unweigerlich zu höherem Einsatz von fossilen Anlagen, die ein ähnliches Erzeugungsprofil aufweisen und damit zu Importen von Kohle- und Atomstrom oder Erdgas führen."