Homosexuelle Unternehmer führen oft Schattendasein. | Mehr Toleranz von Schwulen begünstigt Wirtschaftsstandort. | Wien. Dass ein erfolgreicher Geschäftsmann eine attraktive Frau, Kinder, einen Hund und ein Haus haben muss, ist ein überholtes Klischee. Zwischen 20.000 und 40.000 Unternehmer sind in Österreich schwul oder lesbisch, schätzt die Wirtschaftskammer. Häufig machen sie sich in der Gastronomie, in der Beratungsbranche oder als Freiberufler wie Architekt, Arzt oder Rechtsanwalt selbständig.
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Als Günther Moser noch in einer Bank und dann als Kunsthändler beschäftigt war, hat er seine Homosexualität kaschiert. Mit dem Weg in die Selbständigkeit Mitte 20 war das Outing dann unausweichlich: Immerhin stand auf seiner Visitenkarte "Gay Marketing".
Diskriminierung als homosexueller Unternehmer hat der Wiener bisher nicht erlebt. "Mit wem ich das Bett teile, ist Kunden egal."
Ein Erlebnis bei der Suche nach einem Marktforschungsinstitut bleibt ihm trotzdem prägend in Erinnerung: "Auf die Ausschreibung für eine Studie über Schwule haben sich kaum Betriebe gemeldet", so Moser, der seit rund 17 Jahren die Firma "Pink Marketing" leitet.
Von wesentlich gravierenderen Alltagsschwierigkeiten berichten andere homosexuelle Geschäftsleute. Banken seien oft restriktiver bei der Kreditvergabe, etwa wenn jemand ein Schwulen-Café eröffnen möchte, erzählt Udo Geske von agpro, einem Netzwerk-Verein für homosexuelle Unternehmer, Führungskräfte und Freiberufler.
Grund dafür sei nicht immer nur die sexuelle Orientierung. Fakt ist laut Geske, dass schwule Selbständige meist keine Nachkommen als Unternehmensnachfolger präsentieren können. Zudem würden oft die finanzielle Starthilfe und Bürgen aus der Familie - wegen Kontaktabbruch - fehlen.
Geschehnisse wie das Ablehnen von schwulen Pärchen in Hotels oder das Verweigern von schwulen Wohnungsmietern kommen ebenfalls vor - jedoch deutlich seltener. Günther Mosers Motto, um solche Alltagssituationen zu meistern: "Je lockerer ich mit dem Thema umgehe, desto einfacher läuft es für mich im Geschäftsleben." Das gilt etwa auch bei Geschäftsessen, zu denen der Unternehmer statt einer Partnerin als Begleitung selbstverständlich den Freund mitnimmt. Sehr hilfreich für die Betroffenen sei auch die Vernetzung mit anderen Gleichgesinnten.
Kampagne für Toleranz
Von Unternehmensvertretern wie der Wirtschaftskammer fordert die agpro mehr Anti-Diskriminierungskampagnen. Das Thema müsse auch im Rahmen von Diversitätsmanagement stärker in Betrieben aufgegriffen werden. Immerhin sei eine liberale, kreative und bunte Stadt auch ein attraktiverer Wirtschaftsstandort, sind sich Schwulen-Vertreter einig.