Die Ausschüttung von Prämien soll steuerlich besser gestellt werden. | ÖGB beharrt auf Freiwilligkeit. | Wien. In Deutschland ist der Anteil der Löhne am Bruttoinlandsprodukt in den vergangenen zehn Jahren von 73 auf 68 Prozent geschmolzen. Hingegen ist der Anteil der Kapitaleinkünfte von 27 auf 32 Prozent gestiegen. "Die fünf Punkte Gewinn des einen sind die fünf Punkte Verlust des anderen", erklärt der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, Ulrich Blum. Für ihn ist es daher nahe liegend, diese Lücke durch Andocken der Arbeitnehmer an Kapitaleinkünfte zu schließen.
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Auch in Österreich gibt es eine ähnliche Entwicklung. SPÖ und ÖVP haben sich mittlerweile in den Koalitionsverhandlungen darauf geeinigt, die Mitarbeiterbeteiligung durch steuerliche Maßnahmen zu verdoppeln. Eine gesetzliche Vorschreibung dafür ist aber nicht vorgesehen.
Wem nützt eine Mitarbeiterbeteiligung? In der Regel beiden. Die Mitarbeiter profitieren von den Gewinnen, die Unternehmen erhoffen sich dadurch eine höhere Motivation und Produktivitätssteigerung.
Die Gewerkschaften würden aber gegen eine gesetzliche Vorschreibung einer Mitarbeiterbeteiligung Sturm laufen, da dies die Tarifverhandlungen aushebeln könnte.
ÖGB: Lohnerhöhung nicht ersetzen
Denn zu verteilen ist von den Unternehmen hauptsächlich die Produktivitätssteigerung: Diese kann entweder über die Löhne- und Gehälter oder durch eine Verkürzung der Arbeitszeit weiter gegeben werden; auch die Senkung der Preise oder eine Erhöhung der Gewinne ist möglich. Die Gewerkschaften verhandeln mit den Arbeitgebern branchenweise die Kollektivvertragserhöhungen. Mitarbeiterbeteiligungsmodelle werden aber von den Betrieben gewährt. Das würde eine Verlagerung der Tarifrunden auf Firmenebene bedeuten. Der ÖGB besteht daher bei Mitarbeitermodellen auf dem Prinzip der Freiwilligkeit und versteht diese Art der Entlohnung nur als Ergänzung.
Bisher gibt es die Mitarbeiterbeteiligung hauptsächlich an börsenotierten Unternehmen. Da Österreich aber klein- und mittelbetrieblich strukturiert ist, überlegen SPÖ und ÖVP auch bessere Möglichkeiten einer Beteiligung an GmbHs. So soll etwa die Ausschüttung von Prämien steuerlich besser gestellt werden. Außerdem sollen auch Mitarbeiterbeteiligungen an kleinen Betrieben nicht sofort steuererklärungspflichtig werden.
Die Erste Bank ist dabei, ihre Mitarbeiterbeteiligungsquote von 1,8 Prozent mittelfristig auf 5 Prozent anzuheben. Auch in den Betrieben, die unter der ÖVP-BZÖ-Regierung privatisiert wurden, gibt es Beteiligungsmodelle. Häufig werden die Aktien der Mitarbeiter von börsenotierten Unternehmen in Stiftungen eingebracht, die von der AK oder dem ÖGB verwaltet werden. Das hat den Zweck, dass die Arbeitnehmer einen Einfluss haben, den sie als Einzelaktionär nicht hätten. Umgekehrt können mit Hilfe des Mitarbeiteranteils Sperrminoritäten gebildet werden.