Trotz Stichtagsregelung müssen Treueprämien bei vorzeitigem Ausscheiden in anteiliger Höhe gewährt werden.
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Die Talsohle der Wirtschaftskrise haben die meisten Unternehmen bereits hinter sich gelassen. Die Auftragsbücher füllen sich, und es werden wieder vermehrt Mitarbeiter aufgenommen. So rückt auch ein Thema wieder in den Vordergrund, das in den letzten Jahren eine untergeordnete Rolle spielte: Mitarbeiterbindung.
Arbeitgeber werden sich wieder stärker bewusst, dass der unternehmerische Erfolg entscheidend von den Mitarbeitern abhängt. Während große Unternehmen und Konzerne mit eigener HR-Abteilung zumindest für Führungskräfte häufig "Retention-Programme" implementiert haben, nähern sich andere Arbeitgeber dem Thema weniger systematisch. Richtig ist, dass Arbeitnehmer unterschiedlich "ticken" und daher unter Umständen auf unterschiedliche Maßnahmen ansprechen. Auch die spezifische Situation, in welcher sich ein Unternehmen befindet, gebietet mitunter bestimmte Maßnahmen, während andere ausscheiden. Es gibt daher kein "Patentrezept", wie sich gute Mitarbeiter halten lassen. Ein möglichst klares Zukunftsbild des Unternehmens und der eigenen Rolle in diesem Unternehmen ist für viele Arbeitnehmer ein wesentlicher Bindungsfaktor.
Manche Unternehmen versprechen den Schlüsselkräften eine Prämie, wenn sie bis zu einem bestimmten Zeitpunkt im Unternehmen bleiben (Treueprämie). Vielen Arbeitgebern (und wohl auch Arbeitnehmern) ist allerdings nicht bewusst, dass die Anwendung des "Stichtagsprinzips" in diesem Zusammenhang arbeitsrechtlich unzulässig ist. Auch bei vorzeitigem Ausscheiden hat der Mitarbeiter grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf einen aliquoten Anteil der Treueprämie. Die Judikatur geht nämlich davon aus, dass die Prämie letztlich die Arbeit bis zum festgelegten Stichtag abgelten soll. Somit hat sich auch ein Mitarbeiter, der vorzeitig ausscheidet, bereits einen Teil der Prämie "erarbeitet". Zulässig wäre hingegen eine "Wartezeit" (zum Beispiel ein Jahr), nach der die ausgewählten Mitarbeiter am Prämienmodell teilnehmen können. Erst nach Erfüllung der Wartezeit müsste dann die Treueprämie entsprechend dem zurückgelegten Anteil des darauf folgenden Zeitraums berechnet werden. Vereinbart werden kann auch, dass bei gerechtfertigter Entlassung oder unberechtigtem vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers keine Prämie zusteht.
Eine gute Alternative zu schlichten Treueprämien stellen "Zielerreichungsprämien" dar. Hier wird der Arbeitnehmer nicht für seine Betriebstreue belohnt, sondern für die Erreichung konkreter Ziele. Die Zielerreichung kann vorwiegend vom Mitarbeiter abhängen (subjektive Ziele, zum Beispiel zurechenbarer Umsatz) oder von diesem nur sehr mittelbar beeinflusst werden (objektive Ziele, zum Beispiel Unternehmensgewinn).
Häufig findet sich eine Kombination aus subjektiven und objektiven Zielen. Ob auch in diesem Fall bei unterjährigem Ausscheiden ein anteiliger Prämienanspruch gebührt, hängt letztlich davon ab, ob die vereinbarten Ziele zumindest zum Teil erreicht wurden.
Will ein Unternehmen Mitarbeiter halten, so könnte dies über eine Prämienvereinbarung mit den Führungskräften unterstützt werden. Als Ziel wäre dann etwa ein bestimmter maximaler (unfreiwilliger) Personalabgang im Team der Führungskraft oder sogar von bestimmten Schlüsselkräften zu definieren.
Neben diesen positiven Anreizen sollten Arbeitgeber aber bei Schlüsselkräften jedenfalls auch an eine Konkurrenzklausel und allenfalls auch an längere Kündigungsfristen denken. Werden diese Klauseln jedoch nicht bereits zu Beginn in den Arbeitsvertrag aufgenommen, so kann dies später mangels Zustimmung durch den Mitarbeiter meist nicht mehr nachgeholt werden.
Andreas Tinhofer ist Rechtsanwalt und Partner bei MOSATI Rechtsanwälte (www.mosati.at)