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Mitbestimmung von Minderjährigen - quo vadis?

Von Paul Schwarzenbacher

Recht
Es braucht das Recht auf eine angemessene Präsenz der Sprache junger Menschen in den Kommunikationsmedien.
© bluedesign - stock.adobe.com

Junge Menschen müssen sich am gesellschaftlichen Leben gleichberechtigt beteiligen können.


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Österreich als "Ideengeber" für andere Staaten: In einem Bericht, der vor kurzem in der Tageszeitung "Die Presse" erschien, hebt die Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm Österreich als "Best-Practice-Beispiel" in der Verbrechensprävention unter Jugendlichen hervor. Gleichzeitig wird die Herabsetzung des Wahlalters im Jahr 2007 auf 16 Jahre betont, die mit sich bringe, dass sich Junge frühzeitig in politische Prozesse eingebunden fühlen und seltener kriminell würden. Wie steht es also um die Mitbestimmung Jugendlicher in Österreich, und ist ein Zusammenhang zwischen der Herabsetzung des Wahlalters und der Kriminalitätsrate unter Jugendlichen gegeben?

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in ihrer Rede zur Lage der Nation am 15. September 2021 erklärt, dass das Jahr 2022 das Jahr der Jugend wird, in dem insbesondere die Partizipation von Jugendlichen -mit insgesamt mindestens acht Millionen Euro - verbessert werden soll. Auf regionaler Ebene zielt Wien im Rahmen der Kinder- und Jugendstrategie mit dem Kinder- und Jugendparlament, das im Mai 2022 zum ersten Mal getagt hat, darauf ab, im Bereich der Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen neue Maßstäbe zu setzen und fördert dies mit einer Million Euro. Wie sieht die Lage für junge Menschen also auf Bundesebene aus?

Jugend-Demokratie-Monitoring angekündigt

Seitens der Jugend-Staatssekretärin wurde Anfang Juni ein Jugend-Demokratie-Monitoring angekündigt, nachdem sich die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre nun zum 15. Mal jährt. Damit sollen junge Menschen eigene Anliegen und Vorstellungen in die Politik einbringen und letztlich mehr junge Menschen für die Demokratie begeistert werden.

Dass ein solches Monitoring nun gemacht wird, ist richtig, doch wurde Österreich durch die abschließenden Bemerkungen des Kinderrechteausschusses der Vereinten Nationen bereits im Jahr 2012 dafür gerügt, keine Forschungsprojekte über die Auswirkungen der Herabsetzung des Wahlalters durchgeführt und Kinder hinsichtlich der Ausübung des Wahlalters nicht in effektiver Weise angeleitet zu haben. Welche Defizite in der Umsetzung des Rechts des Kindes auf Gehör bestehen, kann man in den abschließenden Bemerkungen zum kombinierten fünften und sechsten periodischen Bericht Österreichs des Kinderrechteausschusses vom 6. März 2020 nachlesen.

Frage der Handlungsmächtigkeit von Kindern

Damit junge Menschen ihre politische Mitbestimmung ausüben und sich am gesellschaftlichen Leben gleichberechtigt beteiligen können, ist die Frage der Handlungsmächtigkeit von Kindern zu betonen. Diese erfordert sprachliche Rechte, ähnlich zu jenen Rechten, welche in der "Universal Declaration on Linguistic Rights" geregelt sind. Beispiele dafür sind etwa das Recht auf Zugang zu kulturellen Dienstleistungen oder das Recht auf eine angemessene Präsenz ihrer Sprache in den Kommunikationsmedien.

Was könnte man auf Bundesebene im Bereich der Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen noch verbessern? Im Gegensatz zu Deutschland hat Österreich das Individualbeschwerdeverfahren noch nicht eingeführt, also das 3. Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention nicht ratifiziert. Daraus folgt, dass das Zusatzprotokoll völkerrechtlich nicht bindend anerkannt ist. Damit haben aber Kinder und Jugendliche, nachdem sie den innerstaatlichen Rechtsweg ausgeschöpft haben, keine Möglichkeit, auf internationaler Ebene schwerwiegende Kinderrechtsverletzungen ahnden zu können.

Warum hat Österreich das 3. Zusatzprotokoll nicht ratifiziert? Weil Kinder im Rahmen des Individualbeschwerdeprozesses für Ziele und Zwecke instrumentalisiert werden könnten, die nicht ihre eigenen sind. Eine Sorge, die in Deutschland offenbar nicht existiert, da es dort seit 2014 Kindern möglich ist, nach Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzuges ihre Rechte auf internationaler Ebene geltend zu machen. Auch dieses Defizit wird in den abschließenden Bemerkungen des Kinderrechteausschusses des Jahres 2012 erwähnt. Sämtliche in Österreich vorhandene Parteien haben sich bei einer Anfrage für die zügige Ratifizierung des Beschwerdeprotokolls ausgesprochen - allerdings ohne dieses Versprechen bis dato auch umzusetzen. Als Fazit ist festzuhalten, dass die Mitbestimmung Minderjähriger in Österreich zumindest ausbaufähig ist.

Herabsetzung des Wahlalters versus Kriminalitätsrate

Nun zum zweiten Teil der Behauptung, wonach die Herabsetzung des Wahlalters mit der Kriminalitätsrate in Verbindung steht. Von jenen Personen, die aufgrund eines Delikts angehalten und festgenommen wurden, sind in Italien etwa 3,5 Prozent Minderjährige, während diese Rate in Spanien bei 5,5 Prozent liegt, bei 6,5 Prozent in Griechenland. In Frankreich, Österreich, Holland, Schweden und Finnland werden hingegen zweistellige Zahlen erreicht. Als vorläufige Schlussfolgerung kann man festhalten, dass im Norden und Mitteleuropa die Jugendkriminalität gegenüber der Kriminalität Erwachsener weitaus ungünstigere Maße annimmt als in den Ländern des Mittelmeerraums.

Natürlich ist der Vergleich schwierig, da sich das Alter, ab dem man strafbar werden kann (Deliktsfähigkeit), in den jeweiligen Ländern unterscheidet. Schottland sieht eine Altersgrenze mit 8 Jahren vor, England 10, Holland und Irland 12, Frankreich und Polen 13, Österreich, Italien, Spanien und Deutschland 14 bis zu den 15 Jahren von Schweden, Tschechien, Finnland und Dänemark und den 16 Jahren Portugals. Selbstverständlich gibt es auch einen gewissen Anteil an Delikten, der nicht gemeldet wird oder der den Behörden entgeht, die sogenannte Dunkelziffer.

Jugendkriminalität in Österreich verhältnismäßig hoch

Trotz allem bleibt als Fazit übrig, dass die Jugendkriminalität im europaweiten Vergleich in Österreich nicht gering, sondern verglichen zur Kriminalität in der Gesamtbevölkerung verhältnismäßig hoch ist. Damit steht fest, dass der von der Jugendstaatssekretärin propagierte Zusammenhang zwischen dem im Jahr 2007 herabgesetzten Wahlalter und der Kriminalitätsrate nicht gegeben ist.

Letztlich sollte nicht nur zur Senkung der Jugendkriminalität im Sinne einer erhöhten Mitbestimmung gelten, was Rainer Maria Rilke schon vor rund 100 Jahren richtigerweise erkannte: "Die Kinder sind der Fortschritt selbst. Vertraut dem Kinde."

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