Die rückläufigen Zulassungszahlen im Mutterland täuschen: Japans Autobauer setzen weltweit zum Comeback an: Als Amerikaner - wo Nissan jüngst wieder die "Limousine des Jahres" stellte - und als Europäer.
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Als die Japaner noch Japaner waren und Österreich noch nicht bei der EU, da hatten Autos aus dem Land der aufgehenden Sonne in der Alpenrepublik zeitweise einen Marktanteil von gut 30 Prozent. Das ist lange her, die Zollpräferenzen gibt es nicht mehr, im Billigsegment traten die Koreaner als die neuen Japaner an - der Marktanteil Nippons sank zuletzt auf unter 8 Prozent.
Aber jetzt kommen die Japaner wieder - als Europäer. Mit Autos, die alte Stärken wie Qualität, Robustheit und freundliches Preis-Leistungs-Verhältnis beibehalten und zusätzlich den Pfiff des Neuen anbieten.
Ein Beispiel dafür ist Nissan - einst legendär etwa mit dem Prairie - wirklicher Stammvater aller Minivans - oder dem Stanza, mit dem man das sogenannte D-Segment, die mittlere Mittelklasse, wenn man so will, um ein pfiffiges Schrägheck-Ding mit ungeheuer viel Platz bereicherte. Oder der "Sylvia" - der beste "Mustang", der je gebaut wurde - gefolgt vom SX 200. Oder der pfiffige Micra, und so weiter.
Die letzten Jahre waren nicht so toll. Weltweit nicht und in Österreich auch nicht - Marktanteil auf knapp 2 Prozent gesunken. Aber: Alle, die einen Nissan fahren - und wenn auch nur zur Probe - sind überzeugt, dass die Marke unter ihrem Wert geschlagen wird.
Automotive Industry Leader
Das wird jetzt alles ganz anders: Seit dem Einstieg von Renault 1999, seit der Franzose Carlos Ghosn das Steuer in Japan herumgerissen hat - und dafür Ende letzten Jahres von der internationalen Fachpresse zum "Automotive Industry Leader of the Year" gekürt wurde - kommen wieder Meldungen, wie man sie längere Zeit aus Japan nicht gehört hat: Etwa jene, dass Nissan 2001 schon kräftig dazu beiträgt, die Renault-Bilanz zu verschönern - dem französischen Bruder ging's nicht gar so gut, er hat erstmals die Marktführerschaft in Frankreich an PSA (Peugeot, Citroen) abgeben müssen. Oder etwa jene, dass Nissan gut 1.000 gekündigte Mitarbeiter wieder einstellen will, wie es kürzlich in Tokio hieß.
Nach drei Rekord-Halbjahresergebnissen in Folge rechnet man für den Abschluss des Fiskaljahrs 2001/2002 (Ende April) mit einem Gewinn nach Steuern von 330 Mrd. Yen. Und dann startet Ghosns neues Programm "Nissan 180": "Eins" steht für Erhöhung der Produktion um eine Million Einheiten, "Acht" steht für die angestrebte Gewinn-Marge von 8 Prozent, und "Null" drückt die Reduzierung der Verbindlichkeiten auf Null aus. In zwei Jahren, zum Ende des Bilanzjahres 2004, soll das Programm verwirklicht sein.
Das wichtigste dabei: Neue, attraktive Autos. "Wir werden nie wieder langweilige Autos bauen", so Carlos Ghosn. Sechs ganz neue Modelle sollen binnen kurzem auf dem Markt sein. Zwei sind in Österreich schon am Start: Seit einigen Wochen der neue SUV X-Trail - mit besten Kritiken bisher -, ab Anfang März, knapp ein Jahr nach seiner Vorstellung als Studie, steht der ganz neue "Primera" bei den Händlern. Am "Primera"- designed in München, gebaut im englischen, auf modernsten Standard gebrachten Werk Sunderland - haben wir den neuen Anspruch in der Praxis getestet.
"Kühner Wurf" von Schwarz
Und der "kühne Wurf" des gebürtigen Schweizer Chefdesigners Stephane Schwarz scheint gelungen: "Sayonara Langeweile". titelte etwa der Stern-online seinen Testbericht. Der neue Mittelklasse-Herausforderer "sollte gleich zwei Schritte in die Zukunft gehen", so Schwarz. Das "Monosilhouette-Design" der Limousine mit fließenden Übergängen vom Vorderwagen zum Passagierraum und wieder zum Kofferraum sticht aus der Masse wohltuend heraus - auf Fotos kommt das gar nicht so gut zur Geltung wie in natura. Und daraus folgt erfreulich viel Bein-, Kopf- und Schulterraum auf allen Plätzen. Nächster Eindruck: Die Materialien rund um die Insassen wirken angenehm, hochwertig, fühlen sich gut an, sind ordentlich verarbeitet.
Das Motorenangebot - nach Österreich kommen drei Benziner und ein Dieselaggregat - erfüllt die Aufgaben aus dem Pflichtenheft gut: "Modern, leistungsstark, wirtschaftlich", hieß es dort. Von 1,6 über 1,8 bis 2,0-Liter Benzin-Vierzylinder reicht die Leistungspalette von 80 über 85 bis 103 kw (109/116/140 PS), der 2,2-Liter Common-Rail-Diesel bringt 93 kw (126 PS) - und ein beachtliches Drehmoment von 280Nm bei 200 Umdrehungen. Keine Frage, was der Lieblingsmotor der dieselbegeisterten Österreicher werden wird. Der Diesel und der stärkste Benziner kommen serienmäßig mit einem neuen Sechs-Gang-Getriebe daher, Automatik ist in Verbindung mit dem 1,8-Liter zu haben. Rund ein Viertel der Käufer werden sich für Limousine, 35 Prozent für den Kombi "Touring" und 40 Prozent für die 5-türige Schrägheck-Limousine entscheiden, erwartet Nissan-Österreich Marketing-Manager Fillitz. Bei Preisen ab 20.000 Euro - schon die Basismodelle sind bestens ausgestattet - sollte man den Marktanteil im D-Segment wieder deutlich erhöhen können.
Innovative Zuckerl
Denn der Neue hat neben der Solidität auch einige innovative Zuckerl zu bieten, die man anderswo vergebens sucht - oder teurer bezahlt. In der Mitte des Cockpits sitzt etwa eine Konsole mit Tastenfeld und Monitor, mit dem Nissan das Thema "Mensch-Maschine-Schnittstelle" so schlicht und logisch gelöst hat, wie kein anderer Hersteller bisher. Über wenige Tasten und Dreh- und-Druckregler sind Audio-, Klima- und Navigationsanlage einfach und schnell zu bedienen. Sonderclou: Beim Einlegen des Rückwärtsgangs erscheint auf dem Monitor das Bild einer über dem hinteren Kennzeichen angebrachten Mini-Fernsehkamera, das den Bereich unmittelbar hinter dem Wagen zeigt. Souveräner Überblick statt nervendem Gepiepse des Abstandswarners.
Cruise Control
Wer damit noch nicht genug hat, kann demnächst auch eine "Intelligent Cruise Control" bestellen: Per Infrarotauge unter der vorderen Stoßstange wird der Abstand zum Vordermann automatisch gleich gehalten.
Und das Wichtigste: Wie fährt er sich? In der Summe aller Eigenschaften vorzüglich: "Wir wollten Handling und Komfort" optimieren", sagen die Konstrukteure. Gelungen, sagten wir nach ersten Testkilometern in den Hügeln rund um Barcelona. Das Multilenker-Fahrwerk überzeugte in jeder Lage - ein Fahrgefühl wie in wesentlich größeren und teureren Automobilen, viel Kurvenfreude, was will man mehr.
Fazit: Eine rundum runde Sache, der neue Primera: Nicht zu groß nicht zu klein, nicht zu stark, nicht zu schwach, nicht zu simpel, nicht zu überkandidelt, nicht zu fad, nicht zu glamourös. Mittelklasse eben, aber mit eindeutiger Betonung auf "klasse".