Nationalkonservatives Kabinett hält an Votum über Präsident fest.
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Warschau. All die Appelle von Ärzten, Bürgermeistern und Oppositionspolitikern nutzten bisher nichts. Nicht einmal aktuelle Meinungsumfragen. Trotz zahlreicher Aufforderungen - und des Wunsches aus großen Teilen der Bevölkerung -, die Präsidentschaftswahl zu verschieben, hielt Polens nationalkonservative Regierung noch am Mittwoch am Termin für das Votum fest. Für den 10. Mai ist der erste Urnengang angesetzt, eine mögliche Stichwahl für den 24. Mai.
Ärzte warnen, dass dies Menschen in die Gefahr bringen würde, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Ähnlich argumentieren die Vertreter von Gemeinden und Bundesländern, die derzeit ihre Kapazitäten auf Maßnahmen gegen die Epidemie verwenden müssen: Es gebe schlicht nicht genug Personen und Zeit, um Wahlkommissionen zu organisieren. Juristen weisen darauf hin, dass von "allgemeinen Wahlen" nicht die Rede sein könne, wenn Menschen aus Angst vor Ansteckung zu Hause bleiben. Außerdem könnten die Kandidaten sich kaum präsentieren, wenn Wahlkampfveranstaltungen abgesagt sind.
Denn auch in Polen gelten umfassende Beschränkungen des öffentlichen Lebens, und erst am Dienstag wurden die Restriktionen nochmals verschärft. Schulen und Universitäten sind geschlossen, künftig sollen auch Parks, Strände und Naherholungsgebiete gesperrt werden. Versammlungen von mehr als zwei Personen sind verboten. Die Polizei überprüft die Einhaltung von Quarantäne. Unter 18-Jährige dürfen bald nur noch in Begleitung Erwachsener auf die Straße. In Polen gab es bis Mittwoch rund 2400 bestätigte Coronavirus-Infektionen und fast drei Dutzend Todesfälle.
Verschiebung nicht erwünscht
Doch die Schutzmaßnahmen würden weder Einfluss auf die Wahl noch auf die ebenfalls im Mai angesetzten Maturatermine haben, meinte Premier Mateusz Morawiecki noch in der Vorwoche. Die Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) hat sogar eine Wahlrechtsänderung durchgesetzt. Dies ermöglicht nun Bürgern, die älter als 60 Jahre sind oder sich in Quarantäne befinden, die Stimmabgabe per Brief. Diese Option gab es in Polen bisher nicht.
Außerdem argumentiert das Kabinett, dass für eine Verschiebung des Votums bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Entweder werde die Verfassung geändert - oder es werde der Ausnahmezustand verhängt, in dem keine Wahlen stattfinden dürfen. In so einer Situation wären aber Bürgerrechte stark eingeschränkt.
Allerdings dürfte noch etwas anderes ausschlaggebend sein. Präsident Andrzej Duda, der sich um eine zweite Amtszeit bewirbt, führt in den Umfragen. Er stammt aus den PiS-Reihen und hat in den vergangenen Jahren auch umstrittene Gesetzesvorhaben der Regierung abgesegnet. Auf die tatkräftige Unterstützung ihrer Politik an der Staatsspitze will die PiS-Partei auch in Zukunft nicht verzichten - selbst wenn sie dabei, wie Kritiker finden, die Gesundheit von Bürgern gefährdet.