Das Schicksal Norbert Darabos’ ist eine wundersame Mischung aus Horror-Trip mit möglichem Happy End - politischer Moral inklusive.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Es gibt wenige Politiker, die über ein differenziertes Image verfügen und dieses für sich zu nutzen verstehen. Im politischen Geschäft ist man entweder Vordenker oder Macher, Stratege oder Bauchmensch. Doch solche Differenzierungen sind in der grobschlächtigen Innenpolitik ohnehin rar, im Regelfall spitzt sich die medial gespiegelte Dichotomie auf die Verlierer und die Sieger zu.
Norbert Darabos verlässt das Verteidigungsministerium als Verlierer. Dass es so gekommen ist, dafür trägt beileibe nicht allein der 48-jährige Burgenländer die Verantwortung.
Den ersten Tiefschlag versetzte ihm ausgerechnet jener Mann, den er als Wahlkampfmanager zum Kanzler machen half: Alfred Gusenbauers Satz vom "großen Los", das Darabos mit dem Verteidigungsministerium gezogen habe, troff von jenem zynischen Sarkasmus, der dem Kanzler selbst später zum Verhängnis wurde. Schließlich wusste schon damals jeder, dass der überzeugte Zivildiener mit dem Bundesheer nichts am Hut hatte.
Aber Darabos erfüllte nach außen - und offenbar auch nach innen - die Rolle des braven Parteisoldaten, für den die Bewegung alles ist, bis an die Grenze der Selbstverleugnung.
Für jeden offensichtlich wurde das, als im Vorfeld der Wien-Wahl Michael Häupl der SPÖ die Abkehr von der Wehrpflicht verordnete. Kurz zuvor hatte Darabos dieselbe als in Stein gemeißelt bezeichnet.
Hätte sich der Historiker damals für einen Rücktritt aus persönlicher Überzeugung entschieden, er wäre wohl als stiller Held in die Geschichte der Republik eingegangen. Allerdings hätte er mit einem solchen Schritt die SPÖ - und das heißt Faymann und Häupl höchstselbst - desavouiert. Nach der Realverfassung dieser Republik hätte sich Darabos in diesem Fall womöglich schwer getan, eine neue Stellung zu finden. . .
Der Minister entschloss sich zum Bleiben und wandelte sich vor der baffen Öffentlichkeit zum überzeugten Berufsheer-Befürworter. Geglaubt hat dies Darabos kaum einer, dafür war seine politische Glaubwürdigkeit irreparabel beschädigt.
Freudschaft, wie sich Genossen traditionell nach wie vor grüßen, hätte bedeutet, dass man all die Demütigungen einem loyalen Wegbegleiter nie angetan hätte. Zumindest hätte man ihn rechtzeitig eingebunden.
Doch weil Darabos durchgehalten hat, gibt ihm die Partei die Chance zur politischen Auferstehung. Wahrscheinlich nicht aus Großmut, so ticken Parteien nämlich nicht, weder rechte noch linke; sondern aus schierer Not. Die Partei brauchte einen fähigen Manager - und Darabos hat schon einmal bewiesen, dass er das ist.
Die Moral von der Geschicht’: Politik ist ein wundersames Geschäft. Und die Beschlüsse von Parteiführungen unergründlich. Außerdem kann es nicht schaden, zu jenem Typ Politiker zu zählen, vor dem sich auch die eigenen Leute fürchten.