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Mitzahlen, aber mit Bedacht

Von Simon Rosner

Analysen

Wenn Kärnten finanziell überfordert wird, hat das auch für den Bund Folgen.


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Kärnten wird nicht Insolvenz anmelden müssen, das wurde durch die Entscheidung der Regierung, eine Abwicklungsanstalt für die Hypo zu installieren, verhindert. Auch ohne diese Lösung wäre die Pleite nicht zwingend, aber eben eine Möglichkeit gewesen. Wie eine solche Insolvenz ausgesehen, was das für Land und Leute bedeutet hätte, lässt sich nur theoretisch durchdeklinieren, ein Anschauungsbeispiel gibt es nicht.

Dafür wird man in den kommenden Jahren beobachten können, was mit einem Bundesland passiert, das ohnehin schon strukturschwach ist und nun seine Investitionen deutlich zurückschrauben muss.

Ob Kärnten am Ende 300 Millionen oder 500 Millionen Euro an den Bund überweisen muss, werden die kommenden Verhandlungen klären, ebenso muss die wichtige Frage nach der Dauer einer Beteiligung an den Hypo-Nachwehen beantwortet werden.

Doch so oder so ist für die Kärntner Regierung Gewissheit, dass sie zahlen muss. So will es die Regierung (und wird es auch bekommen), und so will es die Volksseele in Rest-Österreich. Und es gibt ja auch ein gutes Argument: Kärnten hat durch den Hypo-Verkauf und die Provisionen, die das Land für die Haftungen einstreifte, profitiert, also soll es auch für den Schaden zahlen.

Doch was ist Kärnten? Denn natürlich hat nicht jede, nicht jeder in Kärnten profitiert, sonst wäre es nicht das einzige Bundesland, das schrumpft. Ist Kärnten die ehemalige Regierung? Oder die gesamte Politik, weil die Opposition nicht ausreichend Widerstand geleistet hat? Oder ist Kärnten am Ende die Bevölkerung, die diese Politiker gewählt, beziehungsweise die ihn, Jörg Haider, mehrfach in seinem Amt bestätigt hat? Lässt sich so also eine Art Kollektivverantwortung einem ganzen Bundesland aufbürden? Das wäre die moralische Herangehensweise, doch man kann es auch pragmatisch sehen.

Was bedeutet es, wenn Kärnten durch hohe Zahlungen für das Hypo-Desaster in der Zukunft in seiner Investitions- und Förderpolitik stark eingeschränkt wird? Es geht um ein Bundesland, das mit wenigen regionalen Ausnahmen strukturschwach ist und einen Braindrain erlebt. In einer Studie des IHS-Kärnten ist zu lesen, dass im Jahr 2030 bis zu 40.000 potenzielle Erwerbstätige fehlen werden, vor allem im Segment der Qualifizierten. Und wenn einmal Arbeitskräfte fehlen, ziehen auch die Betriebe weg.

Investitionen fast halbiert

Kärnten hat von 2008 auf 2009 fast die Hälfte seiner Gesamtinvestitionen eingebüßt. Die Krise hat zwar Investitionen überall sinken lassen, aber nirgendwo so stark wie in Kärnten. Angenommen, Kärnten müsste nun 500 Millionen Euro nach Wien überweisen, fällt das Land nicht bloß um diesen Betrag um. Förderungen von der EU, dem Bund oder von privater Seite sind immer nur Kofinanzierungen, das Land muss sich also praktisch immer beteiligen, sonst fließt gar nichts.

Es stellt sich daher auch die rein pragmatische Frage, welche langfristige Konsequenzen eine hohe Beteiligung Kärntens hat, dessen Budget nur zwei Milliarden beträgt. Was passiert, wenn das vergleichsweise arme Kärnten durch Investitionshemmnisse noch ärmer wird? Es bliebe wohl auch für den Bund nicht folgenlos, der etwa Kosten für Arbeitslosigkeit zu tragen hätte.

Wie und mit wie viel sich Kärnten an den Hypo-Kosten beteiligt, muss mit Bedacht entschieden werden. Und ebenso bedeutsam werden die Schlüsse sein, die das Land daraus zieht. Es wird wichtiger denn je sein, Investitionen sorgfältig, nachhaltig und mit einer klaren Strategie zu planen. In seiner gesamten Ausgabenstruktur muss Kärnten ein Vorbild in Sachen Effizienz werden, zumindest das ist man Österreich schuldig.