EU-Außenminister beraten am Montag. | Zweifel, ob Mladic lebend gefasst wird. | Belgrad. Die serbische Regierung tut alles, um mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zusammenzuarbeiten. Das erklärte gestern Rasim Ljajic, Vorsitzender des Nationalen Rates für die Zusammenarbeit mit Den Haag, in Belgrad vor Journalisten.
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Ljajic bestätigte auch, dass der kommende Montag der entscheidende Tag für Serbien sei. Dann wollen die EU-Außenminister in Brüssel über den Fall von Ex-General Ratko Mladi æ und mögliche Konsequenzen für Belgrad beraten.
EU macht Druck
EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn hat die Regierung Serbien-Montenegros unterdessen eine Frist bis zum 5. April gesetzt. Bis dahin müsse Ratko Mladic verhaftet sein, anderenfalls könnten die für diesen Tag geplanten Verhandlungen über eine Annäherung Belgrads an die Europäische Union nicht fortgesetzt werden, so Rehn der BBC. "Es liegt jetzt bei Serbien, zu entscheiden, ob man eine europäische Zukunft oder eine nationalistische Vergangenheit möchte", sagte Rehn nach Angaben des Senders. Rehn wird am Montag den EU-Außenministern über die bisherigen Verhandlungen mit Serbien-Montenegro berichten. Es wird erwartet, dass die EU-Minister die Position Rehns unterstützen.
Von EU abhängig
Kenner der politischen Verhältnisse in Serbien sind der Ansicht, dass Präsident Vojislav Kostunica sein Möglichstes tun wird, um eine Auslieferung Mladi æ s zu ermöglichen. Immerhin ist er auf die Hilfe der EU angewiesen. Ohne Brüssel hat er wenig Chancen, an der Macht zu bleiben. Kostunica ist politisch zu schwach, um die politischen Erdbeben, die nach der Loslösung Montenegros im April und die Unabhängigkeit Kosovos nach den gegenwärtigen internationalen Verhandlungen, verkraften zu können. Entzieht die EU Kostunica die Unterstützung, könnte die Radikale Partei (SRS) von Vojislav Seselj an die Macht gelangen. Seselj verantwortet sich bereits in Den Haag wegen Kriegsverbrechen in Bosnien. Die SRS hat bereits Demonstrationen angekündigt, die sich gegen die Festnahme von Mladi æ richten.
Kostunica steckt in einer Zwickmühle. Seine Minderheitsregierung ist auf die Stimmen der Sozialistischen Partei (SPS) des einstigen Präsidenten Slobodan Milosevic angewiesen, der sich seit drei Jahren ebenfalls in Den Haag verantworten muss. Die SPS hat zwar den Entzug ihrer Unterstützung angekündigt, falls angeklagte Kriegsverbrecher wie Mladic verhaftet würden. Analysten in Belgrad glauben aber nicht, dass die SPS ihre Drohung wahrmachen würde: Zu sehr genieße die SPS die Nähe zur Macht.
Regierungsquellen behaupten, dass Mladi æ unter strenger Überwachung durch die Polizei stehe. Die Regierung verhandle mit ihm noch über eine freiwillige Aufgabe. Alexander Radic, ein angesehener Militärspezialist in Belgrad, schätzt, dass die Regierung mit den Gerüchten über eine angebliche Festnahme einen Versuchsballon starten wollte. "Sie haben absichtlich die Spannungen verstärkt, um die Reaktionen zu testen." Andere Beobachter rechnen nicht damit, dass Mladic lebend gefasst werde. "Er ist ein unangenehmer Zeuge. Mladi æ weiß zuviel über die Verbindungen der bosnischen Serben zu Belgrad."