Zum Hauptinhalt springen

Mob bleibt Mob

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Politiker und ihre Inhalte verschwimmen. Das verführt dazu, die Person zu attackieren.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Türkis-Grün ist angelobt. Die Zeit des innenpolitischen Interregnums ist vorbei, die Politik agiert damit wieder in den gewohnten Kategorien von Regierung und Opposition, Umsetzung und Widerstand, Schönreden und Schwarzsehen.

Diese Gegenüberstellung ist keine medienspezifische Zuspitzung. Wenn Politik nicht "alternativlos" sein will - und wenig wäre fataler, als der Demokratie die Wahl zwischen verschiedenen Wegen zu unterschiedlichen Zielen und mit andersartigen Mitteln abzusprechen -, dann ist es die Pflicht (und keine Kür), dass die von der Regierung eingeschlagene Richtung nicht nur kritisiert und abgelehnt, sondern auch mit alternativen Konzepten herausgefordert wird.

Voraussetzung dafür ist, dass die Parteien sich der Mühsal auch unterwerfen und programmatische Grundsatzarbeit leisten. Das ist kein bloß frommer Wunsch, immerhin investiert die Republik erhebliche Steuermittel in diese Denkarbeit der Parteien. Die Parteien haben hier Bringschuld.

Konzepte und Personen lassen sich in unserer durchgängig mediatisierten Welt nicht mehr scharf trennen. Beide, die Inhalte und die Persönlichkeit des politischen Spitzenpersonales, verschwimmen zusehends. Mit Menschen aus Fleisch und Blut fällt es der Politik leichter, Emotionen zu wecken und anzusprechen. Diese Personalisierung wird gerne generell als Entpolitisierung gegeißelt; das kann sein, muss aber nicht. Im Idealfall verstärken die Persönlichkeit des Spitzenpersonals und die Themen einer Partei einander gegenseitig.

Allerdings geraten so die Menschen noch stärker ins Visier, wenn es gilt, den Gegner zu kritisieren. Und trotzdem ist es etwas anderes, einen Parteienvorschlag in der Luft zu zerreißen oder einen Menschen. Letzteres ist vor allem sehr viel einfacher. Bei Inhalten braucht es immerhin Argumente, die nicht beim ersten Gegenwind in sich zusammenbrechen. Bei Menschen reicht es schon, an die niedrigsten Instinkte zu appellieren, die in uns allen schlummern.

Wie einfach das geht, zeigt der Umgang mit der neuen Justizministerin Alma Zadic in den Sozialen Netzwerken exemplarisch vor. Ein rechter Mob zielt hier mit rassistischen und verleumderischen Motiven auf ein vermeintlich leichtes Opfer: Zadic floh als Kind aus Bosnien nach Österreich und legte in ihrer neuen Heimat eine Bilderbuchkarriere hin. Aber Zadic ist nicht die Einzige, die im virtuellen Raum ihrer Würde beraubt wird. Oft sind es Frauen, noch öfter solche mit Migrationshintergrund. Aber auch Sebastian Kurz zählt dazu und etliche FPÖ-Politiker, nur ist der virtuelle Mob ein anderer. Aber Mob bleibt Mob.