Mobbing gehört zum Schüleralltag. Eltern sollten ihre Sprösslinge stark machen und von klein auf dazu trainieren, wie man Konflikte löst, raten Wissenschafter.
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Die Zeit der Schulskikurse steht bevor. Doch was des einen Leid, ist des anderen Freud: Während sich Fachleute zunehmend über den Wert von Schulskikursen den Kopf zerbrechen, bieten sie stärkeren Schülern außerhalb des Klassenzimmers die Gelegenheit, um schwächere Kollegen psychologisch zu terrorisieren. Das muss nicht unbedingt in massiver Form geschehen. "Mobbing beginnt schon beim Spötteln", berichtet Mathilde Zeman gegenüber der "Wiener Zeitung". Zum Beispiel wird über Kinder mit roten Haaren, mit Pickeln im Gesicht oder über Brillenträger gespöttelt. "Das geht bis zum Kaputtmachen oder Verstecken von Gegenständen und manchmal soweit, dass Mitschüler ausgegrenzt werden, verbal und später handgreiflich attackiert werden."
Höhere Dunkelziffer
Zeman leitet die schulpsychologische Abteilung im Wiener Stadtschulrat, wo es für alle Schultypen eigene Beratungsstellen gibt. Die Mobbingfälle in Zahlen fassen kann Zeman nur schwer. "Wir bekommen ja nicht alle Fälle gemeldet." Rund 18.000 Beratungen führt die Schulpsychologie im Jahr, rund ein Drittel davon sind "persönliche Fälle". Das reicht von allgemeinen Lernschwierigkeiten bis zur Verhaltensänderung eines Schülers. "Oft stellt sich erst im Laufe des Beratungsgesprächs heraus, dass es sich um Mobbing handelt", so die Schulpsychologin. Bei einem gemeldeten Fall pro Woche dürfte es sich um Mobbing handeln, schätzt sie. Die Dunkelziffer ist freilich höher.
Bei Krisensituationen, wenn beispielsweise Selbstmordgefahr droht, gibt es Sofortberatung. Ansonsten müssen Betroffene auf das erste Beratungsgespräch vier bis sechs Wochen warten. Meist rufen die Eltern oder die Lehrer beziehungsweise die Schule SOS, seltener Schüler. An höheren Schulen vermittelt die schulpsychologische Abteilung des Stadtschulrates eine so genannte "peer group mediation": Ältere Schüler, die schulpsychologisch geschult sind, sind für jüngere Schüler zuständig und versuchen, den Konflikt gemeinsam mit dem Opfer im Sinne der Mediation zu schlichten. Diese "peer groups" gibt es seit vier Jahren. Für Pflichtschulen sind eigene Beratungslehrer zuständig, sofern die Schule eine Intervention wünscht. Rund 80 Mal pro Jahr (an allen Schulen) schreitet ein Mediator ein. Die gesamte Klasse muss dabei mithelfen.
Auch Lehrer suchen schulpsychologische Beratung. Von rund 500 Anfragen im Jahr berichtet Zeman. Mobbing - im Lehrerkollegium isoliert oder als Unmterrichtspraktikant ("Beiwagerl") vom Betreuungslehrer schikaniert zu werden etc. - schätzt die Schulpsychologin auf hundert Fälle pro Jahr. Auch hier ist eine höhere Dunkelziffer anzunehmen. "Viele suchen gleich einen privaten Therapeuten oder Arzt auf", so Zeman.
Ist Mobbing ein Auswuchs der Ellbogen-Gesellschaft? "Es ist kein Phänomen unserer Zeit", so Zeman. "Es ist ein modernes Wort für etwas, das es gibt, seit es Gruppen, seit es Schule gibt." Und Mobbing ist immer gleich subtil geblieben, gleich verletzend für das Opfer.
Die schulpsychologischen Beratungsstellen bei den Landesschulräten:
Burgenland: Tel. 02682/710/131 Dw.
Kärnten: Tel. 0463/566 59
Niederösterreich: Tel. 02742/280/ 4700 Dw.
Oberösterreich: Tel. 0732/7071/ 2321Dw.
Salzburg: Tel. 0662/84 27 88
Steiermark: Tel. 0316/345/199 Dw.
Tirol: Tel. 0512/57 65 61
Vorarlberg: Tel. 05574/477 98
* Wien: Tel. 01/525 25/77 505 Dw.
Weitere Infos gibt es Internet unter: www.bmuk.gv.at/fssos.htm/.