H&M stiftet der Stockholmer Uni 3,3 Millionen Euro. | Modebranche für Schweden wichtiger als Stahlproduktion. | Stockholm. Mode ist in den vergangenen Jahrzehnten zu einem zentralen Phänomen in der westlichen Gesellschaft geworden. "In den letzten Jahrzehnten hat Mode einen nahezu absurden Kultstatus bekommen", sagt die schwedische Modejournalistin und Trendanalystin Cay Bond.
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Die Eigentümerfamilie des Kleiderkonzern H&M gibt der Universität Stockholm deshalb nun 30 Millionen Kronen (rund 3,3 Millionen Euro), um ein neues, weltweit einzigartiges Studienprogramm zum Thema Modewissenschaften aus dem Boden zu stampfen. Dabei geht es erstmalig nicht darum, wie man Mode macht oder verkauft, sondern einzig und allein um Mode als kulturwissenschaftliches Phänomen in der Gesellschaft. Für Schweden ist die Modebranche inzwischen wichtiger geworden als die einheimische Stahlindustrie. Dabei war der Stahl einst das Rückgrat der schwedischen Wirtschaft. Kein Wunder also, dass es nun auch möglich werden soll, die Modewelt wissenschaftlich zu ergründen.
Wie ist es beispielsweise möglich, dass Fotomodelle in den letzten drei Jahrzehnten ohne eigentliche Begabungen globale Superstars werden konnten? Auf solche und weniger zynische Fragen erhofft man sich an der Uni Antworten. Mode im Kontext mit Ökonomie, Ästhetik, Ethnologie, Geschlechterstudien, Geschichte und Soziologie soll Inhalt des neuen Programms werden.
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Das Geld der H&M Familienstiftung soll eine Professur und einen einjährigen Magisterkurs finanzieren. Weil das Interesse so groß war, entschloss man sich auch zu einem einführenden Grundkurs, der mittelfristig zu einem richtigen Grundstudium ausgebaut werden soll.
Dass Mode es nicht schon frühzeitiger zu einem richtigen akademischen Studiengang geschafft hat, verwundert Organisatorin Astrid Söderbergh Widding: "Mode ist salonfähig geworden und wird inzwischen nicht mehr nur als Äußerlichkeit angesehen. Sie betrifft uns alle, vor allem auch emotional."
Auch H&M verspricht sich einiges von dem Studiengang. "Es war an der Zeit. Mode ist so ein fundamentaler Bestandteil der Gesellschaft geworden", sagt H&M Sprecherin Anna-Carin Björne. Sie weist aber auch gerne darauf hin, dass es die Familienstiftung der Eigentümerfamilie war, die das Geld spendete und nicht die Kleidermarke selbst. Wohl auch, damit dem neuen Studiengang nicht von Anfang an privatwirtschaftlichen Kalkül unterstellt wird. Trotzdem kann sich Björne durchaus vorstellen, dass man in Zukunft auch Nachwuchskräfte aus dem neuen Studiengang rekrutiert.