Dem Bildungssystem fehlt die (im Sinne von professionellem Management) nötige Konzentration der Ressourcen auf das Kerngeschäft "Unterricht".
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Was im Unterricht zwischen Lehrern und Schülern passiert, kognitiv und auf der Beziehungsebene, ist für den Kompetenzfortschritt der Schüler entscheidend. Bei Lehrern, die Ihnen sympathisch waren, haben Sie aufgepasst und gelernt, selbst wenn Ihnen deren Fach eher unsympathisch war, nicht wahr? Gute Schüler steigern durch guten Unterricht ihre Lernleistung; für schlechte Schüler, besonders jene, die zuhause keine Förderung erfahren, ist die Qualität des Unterrichts erfolgsentscheidend.
Der konkrete Unterricht ist daher das Kerngeschäft des Bildungssystems und der Bildungspolitik.
Leider ist dieser zentrale Aspekt kaum Gegenstand der öffentlichen Bildungsdiskussion und kommt in den österreichischen Reformkonzepten nicht vor. Aus dem wirtschaftlichen Kontext wissen wir, dass Manager, die das Kerngeschäft ihres Unternehmens nicht verstehen, keine Leistungssteigerung erzielen. Denn mangels Fokussierung auf das wirklich entscheidende Thema setzen sie die Ressourcen nicht zielführend ein.
Im internationalen Vergleich produziert Österreich mit hohem Einsatz verhältnismäßig schlechte Ergebnisse. Der Output unseres Schulsystems besteht in zunehmendem Maße aus Jugendlichen, die nicht nur mit den Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen überfordert sind, sondern denen auch jene sozialen Kompetenzen, die ein friedliches Zusammenleben in einer Gemeinschaft und ein verlässliches Arbeiten im Team ermöglichen, großteils fehlen.
Damit folgen den hohen Kosten des Bildungssystems weitere hohe Kosten für die Versorgung der Dropouts. Langfristig gefährdet dies den sozialen Frieden und den wirtschaftlichen Wohlstand für alle.
Im österreichischen Bildungsdiskurs fehlen zwei wesentliche Grundannahmen:
1. Das Kerngeschäft ist der Unterricht selbst.
2. Die eingesetzten Ressourcen müssen diesem Kerngeschäft dienen.
Statt um den Unterricht geht es um Einflussnahme, Macht und Pfründe, nicht nur von politischen Ämtern, sondern auch von Verwaltungseinheiten und Institutionen.
Dabei gibt es eine einfache Fragestellung, um jedes Reformvorhaben zu prüfen: Dient es dem Gelingen des Unterrichts im Sinne von maximaler Förderung des fachlichen und persönlichen Lernfortschrittes des einzelnen Schülers?
Wann immer diese Frage mit Nein beantwortet werden muss, ist der betreffende Vorgang ersatzlos zu streichen. Dadurch werden Ressourcen frei, die ganz gezielt in alle Bereiche, die die Unterrichtsstunden verbessern, investiert werden können. Nur so werden die Lernleistung von Schülern und der Output unseres Schulsystems nachhaltig erhöht werden.
Ganz neu wäre diese Vorgangsweise nicht: Alle heute erfolgreichen skandinavischen Bildungssysteme sind von dieser Überlegung ausgegangen und haben konsequent ihr Bildungssystem inklusive Lehreraus- und -weiterbildung sowie Entlohnung am Kerngeschäft Unterricht ausgerichtet.
Im Hinblick auf steigende Analphabetenzahlen und Migrationsströme gibt es keine Zeit mehr zu verlieren, endlich jene Modellregion zu benennen, auf die es wirklich ankommt: den Unterricht.