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"Modernen Sklavenhandel bekämpfen"

Von Gisela Vorrath

Politik

"Frauenhandel ist nichts anderes als moderner Sklavenhandel. Deshalb ist ein koordiniertes Vorgehen aller EU-Mitgliedsstaaten notwendig, um diesem zutiefst kriminellen und entwürdigenden Handel zu | begegnen," erklärte Donnerstag Frauenministerin Barbara Prammer.


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In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der schwedischen EU-Kommissarin Anita Gradin erläuterte Prammer die Zielsetzungen der von ihr einberufenen Ost-West-Konferenz zum Frauenhandel, die gestern

im Bundeskanzleramt auf Regierungs- und Expertenebene stattfand. Die Konferenz wird von einem zweitägigen Seminar mit nichtstaatlichen Organisationen zum gleichen Thema ergänzt.

Nach Schätzungen wurden rund 500.000 junge Frauen in die Staaten der EU gelockt oder verschleppt und sexuell ausgebeutet. Zwei Drittel von ihnen kommen aus Zentral- und Osteuropa, der Rest aus

Afrika, Lateinamerika und Ostasien, zeichnet Gradin die Dimension des international agierenden Frauenhandels. Die EU-Kommissarin hofft, daß die Europol helfen werde, die Wege des Frauenhandels zu

verfolgen. Bei Festnahmen seien nämlich die Beweislage meistens unbefriedigend und die Strafen äußerst gering, oft nur ein bis zwei Jahre Haft.

Seit einer informellen Ministerkonferenz 1996 in Den Haag haben sich die Mitgliedsstaaten der EU verpflichtet, den Frauenhandel als schwere Verletzung der Menschenrechte zu ahnden, Maßnahmen gegen

den organisierten Handel mit Frauen zum Zweck der Prostitution und Pornografie zu setzen und Hilfsmaßnahmen für die Opfer des Frauenhandels zu ergreifen. Österreich habe bereits entsprechende

Modifikationen durchgeführt.

Die Wiener Konferenz diene einerseits der Zusammenschau der seitherigen Entwicklung, aber sie will vor allem auch bei den Hintergründen des Frauenhandels ansetzen. Es gehe darum, "den Frauen in den

Herkunftsländern Boden unter den Füßen zu schaffen", damit junge, gut ausgebildete, aber arbeitslose Mädchen nicht auf Lockangebote mit Jobs in Westeuropa in der Unterhaltungsbranche hereinfallen,

betonte Prammer. Die betroffenen jungen Frauen halten sich dann · zumindest in Österreich und Deutschland · meist illegal auf und werden zur Prostitution gezwungen.

Unter der österreichischen EU-Präsidentschaft soll die Finanzierung der Hilfsprogramme für die nächsten fünf Jahre fixiert werden, hofft Gradin. Dabei geht es einerseits um Forschungsprojekte über

die Lebenswege der Opfer, andererseits sollen Programme zur Aufklärung gefährdeter Frauen, zur ihrer Gesundheitsbetreuung und zur Hilfe bei der Rückkehr in die Herkunftsländer finanziert werden.

220 Teilnehmer aus 21 Staaten · unter ihnen auch die USA, Albanien, Rumänien und Weißrußland, nicht aber Spanien und Portugal · wollen bei der Konferenz Möglichkeiten für konkrete Kooperationen

schaffen und die nächsten Schritte vorbereiten, "so daß sich künftig jede EU-Präsidentschaft dieser neuen Form des Sklavenhandels wird annehmen müssen, betonte Prammer.