Russland: Keine Kosovo-Lösung in Sicht | Mazedonien verfolgt als unmittelbarer Nachbar Serbiens und der von der UNO verwalteten Provinz Kosovo die aktuellen Verhandlungen über den künftigen Status der Provinz mit großem Interesse. Präsident Branko Crvenkovski beruft für Donnerstag eine Sitzung des Sicherheitsrates, der höchste Staats- und Regierungsfunktionäre umfasst, ein, um über die Sicherheitslage zu beraten.
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In Skopje sorgen vor allem Spekulationen über eine eventuelle Teilung des Kosovo für Beunruhigung. Eine Auswirkung auf Mazedonien, in dem die albanische Minderheit rund ein Viertel der Bevölkerung ausmacht, scheint besonders im Westteil des Landes unvermeidlich.
Die "Albanische Nationale Bewegung", eine vor drei Jahren gebildete nationalistische Albaner-Organisation, forderte, in der nordwestmazedonischen Stadt Tetovo ein Parlament der selbstproklamierten Albaner-Republik Illyrida zu errichten. Die Organisation setzte sich in einer Aussendung für die Umwandlung Mazedoniens in eine Föderation ein, in welcher die Illyrida eine albanische Teilrepublik ausmachen würde. Angeblich ist ihr Chef Nexhat Halili über den Inhalt der Aussendung nicht in Kenntnis gesetzt worden.
Die nationalistische Organisation berief sich auf die Ergebnisse eines von den mazedonischen Behörden nicht anerkannten Referendums, bei dem sich die albanische Bevölkerung in Westmazedonien im April 1992 ihren Angaben nach mehrheitlich für die "Albanische Autonome Republik Illyrida" ausgesprochen hatte.
Mazedonien hat im Frühjahr den Vorschlag des UNO-Vermittlers Martti Ahtisaari zu einer "überwachten" Unabhängigkeit des Kosovo unterstützt, was Unmut in Belgrad ausgelöst hatte. Der serbische Parlamentspräsident Oliver Dulic warnte bei einem Besuch in Skopje im Juli, dass eine eventuelle Anerkennung des unabhängigen Kosovo in Belgrad nicht als eine "freundschaftliche" Geste betrachtet werde.
Serbiens Regierung uneinig
Die Kosovo-Troika wird mit den Verhandlungsteams aus Belgrad und Pristina im Rahmen Kosovo-Kontaktgruppe zusammentreffen. Zur Kontaktgruppe gehören außer den USA und Russland auch Frankreich, Italien, Deutschland und Großbritannien.
Die in den vergangenen zwei Wochen wiederholt geäußerte Meinung serbischer Regierungsmitglieder der Demokratischen Partei Serbiens (DSS) von Premier Vojislav Kostunica an der NATO-Allianz ist unterdessen auf Widerstand beim DSS-Bündnispartner, der Demokratischen Partei (DS) von Staatschef Boris Tadic gestoßen. So hatte der serbische Innenminister Dragan Jocic erklärt, die NATO versuche "im Kosovo einen eigenen Staat aufzubauen, in dem sie unbegrenzte Macht besitzt". Darauf, so Jocic, laufe der Plan des UNO-Vermittlers Martti Ahtisaari hinaus. Dragoljub Micunovic vom Parteipräsidium der DS erklärte, dies sei nicht der offizielle Standpunkt Belgrads.
Der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für außenpolitische Angelegenheiten meinte gegenüber einem Belgrader TV-Sender am Dienstagabend, dass solche Behauptungen "weder gut sind noch zum Finden einer Kompromisslösung für den Kosovo beitragen".
Beobachter meinten, es sei kein Geheimnis, dass die nationalkonservative DSS in ihren Standpunkten zum Kosovo zur Zeit den Ultranationalisten der Serbischen Radikalen Partei (SRS) näher als der prowestlichen Demokratischen Partei (DS) stehe.
Bemühungen der Kosovo-Troika
Wolfgang Ischinger von der Kosovo-Troika begann am Mittwochabend mit Gesprächen in Pristina. Auf dem Programm stehen Gespräche mit dem kommissarischen Präsidenten des Kosovo, Fatmir Sejdiju, und dem Chef der wichtigen Partei ORA, Veton Surroi.
Die Kosovo-Troika genannte Verhandler-Gruppe der EU, der USA und Russlands versucht, bis zum 10. Dezember eine Lösung für den Kosovo zu finden.
Allerdings ist nach Einschätzung Russlands ein Kompromiss im Streit über den künftigen Status des Kosovo nicht in Sicht. Serben und Albaner zu einem Ausgleich zu bringen, sei "unglaublich schwierig", sagte der russische Vertreter in der Kosovo-Troika, Alexander Bozan-Chartschenko, am Donnerstag in Moskau. Der Diplomat erklärte zugleich, der für den 10. Dezember geplante Bericht der Troika über den Fortschritt der Verhandlungen bedeute kein Ende der Vermittlungsbemühungen.
Die USA und die europäischen Verhandlungspartner hatten angedeutet, die Gespräche einzustellen, sollte es bis dahin kein Ergebnis geben.
Die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft hat am Mittwoch alle Mitgliedsländer in der Kosovo-Politik zur Einheit gemahnt. Außenminister Luis Amado sagte, er sehe wenig Chancen für Optimismus, falls die EU nicht mit einer Stimme spreche.
HintergrundDossier: Brennpunkt Kosovo
(Quellen: APA, RIA Novosti, Reuters)