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Molterer wäscht seine Hände in Unschuld

Von Nina Flori

Politik

Der Ex-Finanzminister sieht Ex-Verteidigungsminister Darabos als verantwortlich für den Vergleich.


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Wien. Das Finanzministerium sei in die Eurofighter-Vergleichsverhandlungen im Jahr 2007 nicht eingebunden gewesen, sagte Ex-Vizekanzler und Ex-Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) am Mittwoch im Eurofighter-Untersuchungsausschuss. Der ehemalige Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) hätte Molterer zwar mündlich über sein geplantes Vorgehen bezüglich des Abschlusses eines Vergleichs informiert, erstmals im Mai 2007, schriftlich hätte er jedoch keine Informationen erhalten. Erst am 9. Juli seien im Finanzministerium "Elemente" von schriftlichen Aspekten zum Vergleich eingelangt, sagte Molterer. Zu diesem Zeitpunkt war der Vergleich bereits abgeschlossen. Den endgültigen Text hätte er überhaupt erst im September 2007 erhalten.

In dem von Darabos abgeschlossenen Vergleich wurde die Stückzahl der Eurofighter unter anderem von 18 auf 15 reduziert. Dass über die Verhandlungen mit dem Eurofighter-Hersteller EADS keine schriftlichen Dokumente existieren, sorgt für viele offene Fragen.

Kein Einvernehmen

Die fehlende Schriftlichkeit führt auch Molterer als Grund dafür an, warum zwischen Verteidigungsministerium und Finanzministerium – wie es eigentlich im Haushaltsrecht bei derartigen Vertragsabschlüssen vorgesehen ist – keine Einvernahme bezüglich des Vergleichs bestanden habe. "Ich konnte aufgrund der mangelnden Informationen keine Einschätzung abgeben", sagte Molterer. Deshalb konnte auch kein Einvernehmen hergestellt werden. Er habe Darabos auf die Schriftlichkeitserfordernis und das Einvernehmensgebot hingewiesen. Dieser habe sich jedoch auf ein Gutachten des Verfassungsjuristen Heinz Mayer gestützt, das ein Einvernehmen über den Vergleichsabschluss mit dem Finanzminister als nicht notwendig erachtete. Da es für die Nichtherstellung des Einvernehmens keine Sanktionen gebe, konnten auch keine weiteren Schritte gesetzt werden, betonte Molterer.

Über die Eckpunkte des Vergleichs habe ihn Darabos in einem Gespräch Ende Mai 2007 informiert. Diese hätten sich auf die Reduktion der Stückzahl, die Entscheidung über die Tranchen und die Einschätzung der Kostenersparnis bezogen, die sich laut Darabos auf 370 Millionen Euro belief. Notizen machte sich Molterer über das Gespräch nicht. "Ich habe ein gutes Gedächtnis", sagte er im U-Ausschuss.

Am 23. Juni 2007, also einen Tag vor Abschluss des Vergleichs, habe Darabos ihn davon informiert, wieder mündlich, den Vergleich abschließen zu wollen. Den Abschluss der Verhandlungen gab Darabos - ebenfalls mündlich - im Ministerrat am 27. Juni bekannt. Mit der ÖVP sei "nie ein Einvernehmen" hergestellt worden, betonte Molterer. Aufgrund der fehlenden schriftlichen Unterlagen hätte sich weder er als Finanzminister, noch die ÖVP ein Bild machen können.

"Vergleich war Auftrag von Gusenbauer"

Angesprochen auf den Auftrag einen Vergleich auszuhandeln und nicht wie im Wahlkampf angekündigt, aus dem Vertrag auszusteigen, meinte Molterer, den müsse Darabos vom damaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) erhalten haben. Er gehe schließlich davon aus, dass der Verteidigungsminister keinen Alleingang hinlege.

Koalitionsbedingung der ÖVP sei ein Verbleib im Eurofighter-Vertrag jedenfalls nicht gewesen. Wobei es sich um ein "intensives Thema" gehandelt habe. Die "fortwährende Vertragstreue der Republik Österreich" inklusive des Versprechens privatwirtschaftliche Verträge einzuhalten fand allerdings trotzdem Eingang in die Koalitionsvereinbarung. Dieser Passus gelte jedoch für alle Verträge und habe keinen direkten Zusammenhang mit den Eurofightern, entgegnete Molterer auf Fragen der FPÖ.

Der grüne Abgeordnete Peter Pilz und der FPÖ-Abgeordnete Walter Rosenkranz meinten im Anschluss der Befragung, dass die ÖVP Darabos "absichtlich aufs Glatteis geführt und dann mit dem schlechten Vergleich hat ausrutschen lassen". "Sie haben die Inkompetenz des Verteidigungsministers schamlos ausgenutzt", polterte Pilz. Molterer habe genau gemerkt, dass sich Gusenbauer und Darabos in einen blamablen Vergleich hineinmanövrieren, trotzdem habe er nichts unternommen, obwohl er schon im Mai 2007 über das Vorgehen informiert gewesen sei. Darabos über den Tisch zu ziehen, sei für die ÖVP "eine leichte Übung" gewesen, sagte Rosenkranz.

Der "Hauptschwärzer"

Pilz bezeichnete Molterer als "Hauptschwärzer" des ersten Eurofighter-U-Ausschusses, dem es fast gelungen sei, durch die Schwärzung der Akten jegliche Aufklärung zu verhindern. Dass der U-Ausschuss im Jahr 2007 ein Ende fand, liege jedoch vor allem in der Verantwortung des früheren ÖVP-Obmanns Wolfgang Schüssel.

Ganz anders beurteilte ÖVP-Abgeordnete Gabriele Tamandl die Situation: "Ich glaube, ich war in einem anderen Ausschuss als der Herr Pilz", sagte sie. Der Vergleich sei ganz klar in der alleinigen Verantwortung Darabos' gelegen. "Hätte sich dieser an das Einvernehmensgebot mit dem Finanzminister gehalten, wäre der Vergleich gar nicht zustande gekommen", meinte Neos-Mandatar Michael Bernhard. Der SPÖ-Abgeordnete Otto Pendl betonte einmal mehr, der Grundvertrag sei "ein Jammer" gewesen.

Kommenden Dienstag gehen die Befragungen im U-Ausschuss weiter. Dann sind die ehemaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und Alfred Gusenbauer (SPÖ) zu Gast. Am Mittwoch ist der EADS-Lobbyist Georg Schmidt geladen, Donnerstagvormittag Edwin Wall, Eurofighter-Verhandlungsführer des Verteidigungsministeriums, Donnerstagnachmittag wird Rechtsanwalt und Gusenbauer-Geschäftspartner Leopold Specht im U-Ausschuss aussagen. Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos und der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, sollen Anfang Juli ein zweites Mal die Fragen der Abgeordneten beantworten.