Quito - Ecuadorianische Umweltschützer und Ureinwohner fordern Entschädigungen für die Opfer der Sprühaktionen, mit denen Kolumbien im Rahmen des so genannten "Plan Colombia" die Koka- und Schlafmohnfelder im Grenzgebiet zu Ecuador zerstören will.
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Zahlen sollen Bogota und Washington, das die umstrittene Friedens- und Entwicklungsinitiative des kolumbianischen Staatspräsidenten Andres Pastrana mit 1,3 Mrd. Dollar unterstützt. Hinter der Forderung stehen die Vereinigung der Indigenen Völker von Ecuador (CONAIE) und die in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito ansässige Umweltgruppe "Accion Ecologica".
Am 16. August haben sich CONAIE-Chefin Blanca Chancoso und Adolfo Maldonada und Lucia Gallardo von Accion Ecologica in dieser Sache an den kolumbianischen Senat gewandt. Sie präsentierten den Senatoren eine Untersuchung, die die gesundheitsschädlichen Folgen der Sprühaktionen belegt.
Der Zusammenhang zwischen den festgestellten Erkrankungen und den Sprühaktionen sei eindeutig zu beweisen, sagte der spanische Mediziner Maldonado, der die Untersuchungen im Auftrag von Accion Ecologica geleitet hat. Unter seiner Ägide ist der Gesundheitszustand von 2.000 Anwohnern der ecuadorianischen Grenzprovinz Succumbios überprüft worden.
Maldonado und sein Team haben festgestellt, dass die Beschwerden unter den direkt an der Grenze Lebenden besonders gravierend unmittelbar nach einem Sprühflug aufflammen. Der Studie zufolge sind in fünf Kilometer Entfernung zur Grenze 100 Prozent der ecuadorianischen Bevölkerung betroffen und in einem Bereich von zehn Kilometern immerhin noch 89 Prozent.
Auch sind fast alle Kinder krank, die in zwei Kilometer Entfernung von einer den Sprühaktionen ausgesetzten Region zur Schule gehen. Zu den häufigsten Symptomen zählen Fieberattacken, Durchfall, Kopfschmerzen und Husten, nur wenig seltener sind heftige Hautreaktionen, Sehstörungen und Übelkeit. Die Langzeitwirkungen sind noch nicht erforscht.
Für Maldonado zeugen die Krankheitsbilder eindeutig von einer Vergiftung mit dem über den kolumbianischen Drogenanbaugebieten versprühten Breitband-Herbizid "Roundup Ultra" - eine Entwicklung des US-amerikanischen Pharmakonzerns "Monsanto". Das Unkrautvernichtungsmittel, eine potentere Variante des Vorgängers "Roundup", enthält neben dem Herbizidwirkstoff Glyphosat das mit "Cosmo Flux 411" angereicherte Gift POEA.
Nach Angaben der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde (EPA) ist bereits einfaches Glyphosat, der weltweit verbreitetste Herbizidwirkstoff, für den Menschen äußerst gefährlich. Höhere Konzentrationen als 0,7 Milligramm pro Liter können zu Kurzatmigkeit aber auch zu schweren Schäden an Lunge, Nieren und den Geschlechtsorganen führen.
Noch 22mal giftiger als Glyphosat ist die einfache Roundup-Variante, und Roundup Ultra, das eine besondere hohe Glyphosat-Dosis enthält, ist durch die Beimischung von Cosmo Flux in seiner toxischen Wirkung um das Vierfache gesteigert. "Cosmo Flux und POEA sorgten dafür, dass das Herbizid die Pflanzenblätter schneller durchdringt, und genauso wirken die Substanzen auf Haut und Schleimhaut beim Menschen", erläuterte Maldonado. Zudem ist nach Angaben des kolumbischen Nationalen Anti-Drogen-Direktorats die über den Kokafeldern versprühte Roundup-Ultra-Mixtur 26mal höher dosiert, als es die Empfehlungen für den Einsatz in der Landwirtschaft vorsehen.
Gwen Clare, bis vor wenigen Wochen US-Botschafterin in Quito, hatte für die gesundheitlichen Risiken wenig Sinn. Kritiker ließ sie wissen, Glyphosat sei für den Menschen nicht schädlicher als Salz oder Aspirin und weit weniger gefährlich als Nikotin oder Vitamin A.
Auch die ecuadorianische Regierung unter Gustavo Noboa hat auf Drängen von CONAIE bislang nicht mehr getan, als Kolumbien darum ersucht, die Sprühaktionen zehn Kilometer vor der Grenze zustoppen. Bisher vergeblich.