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Monti spricht von Stimmenkauf

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Kritische Stimmen selbst aus dem Lager der Verbündeten.


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Rom. Silvio Berlusconis Versprechen, im Fall eines Wahlsieges die im Vorjahr wiedereingeführte Immobiliensteuer (IMU) zurückzuerstatten, hat eine enorme Welle der Kritik ausgelöst - bis hinein in die Kreise von Berlusconis Verbündeten. Am schärfsten reagierte Berlusconis Nachfolger Mario Monti, der am Montag von Stimmenkauf sprach.

Berlusconis Wahlversprechen erinnere ihn an den seinerzeitigen Abgeordneten und Bürgermeister von Neapel, Achille Lauro, sagte Monti. Lauro hatte in den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts versprochen, im Fall eines Wahlsieges ein Kilo Pasta an die Wähler zu verteilen und vor den Wahlen linke Schuhe verschenkt, mit dem Versprechen, nach dem Wahlsieg auch die rechten nachzuliefern. (Lauro war von 1952 bis 1957 und dann noch einmal 1961 Bürgermeister von Neapel und wurde beide Male wegen seiner Machenschaften durch einen Regierungskommissar abgelöst.)

Zuvor hatte Monti seinen Vorgänger bereits mit einem Schlangenbeschwörer verglichen und gewarnt, dass dessen Pläne schwere Auswirkungen auf die italienische Glaubwürdigkeit auf den internationalen Finanzmärkten haben könnte. "Wenn ein sehr sympathischer Herr behauptet, dass er die Kassen in Ordnung übergeben habe und er - Monti - das Desaster herbeigeführt habe, dann mache ihn das traurig und nervös, sagte Monti und es sei ein Schlag gegen die Opfer, die die Bevölkerung erbracht habe. Im Übrigen wies Monti darauf hin, dass die von seiner Regierung in Kraft gesetzten Steuererhöhungen zum größten Teil von Berlusconi entschieden worden sind. Monti erinnerte auch daran, dass Berlusconi viele Jahre lang an der Regierung gewesen sei und keines seiner Wahlversprechen eingelöst habe.

"Mittel für Steuererlassvon Schweizer Banken"

Berlusconi hatte am Sonntag in einer Pressekonferenz sein Versprechen einer Rückzahlung der 2012 eingeführten Immobiliensteuer präzisiert. Er werde nach einem Wahlsieg als Wirtschaftsminister in der ersten Regierungssitzung einen entsprechenden Antrag stellen und die Menschen würden ein Monat später ihr Geld zurückbekommen. Bezahlen will Berlusconi das mit Mitteln, die aus dem mit der Schweiz geschlossenen Abkommen fließen sollen, wonach italienische Vermögen in der Schweiz besteuert werden.

Pierluigi Bersani, Chef der Demokratischen Partei, dessen Wahlkoalition nach allen Umfragen voranliegt, sprach von einem demagogischen, undurchführbaren Wahlversprechen, das sich auf eine herbeifantasierte budgetäre Deckung stütze und mit einem Augenzwinkern an die Steuerhinterzieher abgegeben wurde.

Selbst Berlusconis früherer Wirtschaftsminister Giulio Tremonti, der bei den Wahlen mit einer eigenen, mit Berlusconis Bündnispartner Lega Nord gekoppelten Liste antritt, erteilte dem Berlusconi-Versprechen eine klare Abfuhr und meinte er neige dazu auszuschließen, dass die Schweizer Banken die IMU zahlen werden. Im Fall eines Wahlsieges solle der Chef der Berlusconi-Partei PdL (Popolo della Liberta - Volk der Freiheit). Angelino Alfano, das Wirtschafts- und Finanzressort interimistisch mitübernehmen, meinte Tremonti ironisch.

Auch die Reaktionen anderer ehemaliger Verbündeter Berlusconis fielen ähnlich aus. Berlusconi werde in der zweiten Regierungssitzung ein Dekret beschließen, das den Lotto-Spielern einen sicheren Gewinn garantiert, ätzte Kammerpräsident Gianfranco Fini und dessen Vorgänger Pier Ferdinando Casini warnte vor dem "großen Verkäufer" Berlusconi, der in der Lage ist, jedem ein Auto ohne Motor zu verkaufen.

Nach jüngsten Umfragen kommt Berlusconi aber ohnehin nicht in die Verlegenheit, seine Wahlversprechen erfüllen zu müssen. Seine Wahlkoalition liegt mit 28,8 Prozent rund sechs Punkte hinter dem Mitte-Links-Lager, auf das 34 Prozent entfallen. Montis Bündnis liegt mit 13,9 Prozent knapp hinter der 5-Sterne-Bewegung des populistischen Komikers Beppe Grillo.