Neuwahlen in Italien könnten schon im Februar stattfinden.
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Rom. Die Ankündigung Silvio Berlusconis, bei den kommenden Wahlen wieder für das Amt des Regierungschefs anzutreten, und jene des amtierenden Premiers Mario Monti, unmittelbar nach Verabschiedung des Haushaltsgesetzes für das kommende Jahr zurücktreten zu wollen, haben zu deutlichen Kursverlusten an der Mailänder Börse geführt.
Gleichzeitig stieg der Spread - die Differenz zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen -, der am Freitag noch bei 323 Punkten gelegen war, deutlich auf über 360 Punkte an.
Monti hatte am Samstagabend nach einem Treffen mit Staatspräsident Giorgio Napolitano überraschend seine Rücktrittsabsicht bekanntgegeben. Zuvor hatte am Donnerstag Berlusconis Partei PdL der Regierung in beiden Häusern des Parlaments die Unterstützung entzogen. Am Abend hatte Berlusconi dann sein Wiederantreten für das Amt des Regierungschefs bekanntgegeben. Die PdL-Ankündigung, wegen der Zusammenlegung von kleinen Provinzverwaltungen das Verfassungsgericht anzurufen, war dann der Auslöser für Montis Entschluss, sich nicht zur Geisel der PdL machen zu lassen. Außerdem hatte die PdL auch gegen das Regierungsdekret Stimmung gemacht, dass verurteilten Parlamentariern die Kandidatur für sechs Jahre untersagt hätte. Ein weiterer Knackpunkt war die Schaffung eines neuen Wahlrechts, bei dem die Wähler wieder Einfluss auf die Kandidaten gehabt hätten.
Monti sagte am Montag in einem Interview mit der Zeitung "la Repubblica", er sei wegen der Zukunft seines Landes besorgt. Er habe am Samstag erst kurz vor dem Gespräch mit Präsident Napolitano beschlossen, seinen Rücktritt nach Verabschiedung der Schuldenbremse anzukündigen und diese Ankündigung an einem Feiertag gemacht, um nicht die Börse zu beeinflussen.
Monti sagte auch, dass er nicht wisse, wie es politisch mit ihm weitergehen werde. Der Chef der Demokratischen Partei (PD), Pier Luigi Bersani, der den Umfragen nach als künftiger Premierminister gehandelt wird, riet Monti, sich aus dem Wahlkampf für die vermutlich im Februar stattfindenden Wahlen herauszuhalten. Monti könne dem Land noch nützlich sein und er würde als Wahlsieger als Erstes Monti treffen, um festzustellen, was dessen Aufgabe sein könnte.
Nach jüngsten Umfragen liegt die PD mit 34,6 Prozent klar voran, gefolgt von Beppe Grillos Movimento 5 Stelle, die auf 15,7 Prozent kommt. Erst auf Platz 3 liegt Berlusconis PdL mit 11,9 Prozent. Allerdings sind noch 48 Prozent der Wähler unentschlossen.
Berlusconis Rückkehr hat europaweit Besorgnis hervorgerufen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz bezeichnete Berlusconi als Gefahr für Italiens Stabilität. Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso warnte Italien vor einem Abrücken vom Sparkurs.
Der Präsident der italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco sagte, dass "die Verantwortungslosigkeit derjenigen, die sich retten wollen, während das Haus noch brennt, sprachlos macht".
Berlusconi warb unterdessen beim Verlierer der PD-Vorwahlen, Matteo Renzi mit einer "offenen Tür". Renzi twitterte zurück "Mach sie zu, es ist kalt."
Im Mailänder Prozess um Berlusconis Beziehung zur minderjährigen Ruby ließ sich diese am Montag wegen eines Auslandsaufenthalts nicht blicken, was Staatsanwältin Ilda Boccassini als Strategie der Prozessverzögerung brandmarkte, damit das Urteil erst nach den Wahlen fällt.
Ein Jahr Monti
Zwischen dem Amtsantritt mit dem Segen der Europäischen Union und der internationalen Märkte bis zum Bruch mit seinem Vorgänger Silvio Berlusconi und dem Beschluss, das Handtuch zu werfen, liegen knapp mehr als zwölf Monate, in denen Premier Mario Monti Italien mit strengem Sparkurs und Wirtschaftsreformen auf Sanierungskurs gebracht hat.
Auf dem Höhepunkt einer dramatischen Schuldenkrise und nach dem Rücktritt des skandalgebeutelten Premiers Berlusconi wird Monti am 13. November 2011 von Staatspräsident Giorgio Napolitano mit der Bildung einer Fachleuteregierung beauftragt, die er drei Tage später vorstellt.
Monti bringt am 15. Dezember ein milliardenschweres Sparpaket ins Parlament, das am Tag darauf von beiden Parlamentskammern in Vertrauensabstimmungen bestätigt wird. Der Sparplan führt unter anderem eine unpopuläre Immobiliensteuer ein und sieht die Erhöhung der Benzinpreise und der Mehrwertsteuer sowie eine tiefgreifende Pensionsreform vor. Demnach müssen die Italiener künftig länger arbeiten. Besitzer von Jachten, Privatflugzeugen und Autos mit großem Hubraum müssen eine Luxussteuer entrichten. Wer mehr als 300.000 Euro im Jahr verdient, muss eine Solidaritätsabgabe von drei Prozent leisten.
Im März 2012 verabschiedet Monti ein Paket zur Liberalisierung verkrusteter Wirtschaftsbereiche. Dabei geht er konse-
quent auf Konfrontationskurs mit mächtigen Lobbygruppen wie Notaren, Rechtsanwälten, Apothekern und Taxifahrern.
Um die schwache Konjunktur anzukurbeln, verabschiedet die Monti-Regierung im Juni eine tiefgreifende Arbeitsmarktreform. Festangestellten in privaten Unternehmen kann leichter gekündigt werden. Das Klageverfahren auf Kündigungsschutz wird verkürzt. Unternehmen können neue Mitarbeiter ohne Angabe von Gründen befristet einstellen. Liberalisiert wird auch der Einzelhandel, wo es längere Ladenöffnungszeiten gibt. Kommunale Dienstleister müssen auf Rechte verzichten, um die Konkurrenz mit privaten Anbietern zu erhöhen.
Um den Haushalt zu sanieren, billigt die Regierung im Juli Monti ein Maßnahmenpaket mit drastischen Einsparungen in der öffentlichen Verwaltung. Tausende Beamtenstellen werden gestrichen. Die Mehrwertsteuer wird angehoben, zahlreiche Steuererleichterungen werden abgeschafft.
Im Oktober verabschiedet die Regierung ein Wachstumspaket, das insbesondere die Innovation fördern soll. Außerdem sollen die Politikkosten in den Regionen gedämpft werden.
November: Das Kabinett setzt im Parlament ein Gesetz durch, das die Strafen für Korruption verschärft.
Wegen der zum Teil sehr unpopulären Reformen und der weiter angespannten wirtschaftlichen Lage ist die Popularität Montis, der bei seinem Amtsantritt als "Supermario" gefeiert wurde und 70 Prozent der Italiener hinter sich hatte, auf 33 Prozent zurückgegangen.