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Morak Franz (ÖVP): Exekutor ohne Herzstillstand

Von Andreas P. Pittler

Politik

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Der 52jährige Künstler bereichert seit 1994 das Hohe Haus. Seine Ideen zur Reform der Kulturpolitik sind ähnlich wegweisend wie seinerzeit seine Platten.

Als Franz Morak 1981 die österreichische Popwelt im Sturm nahm, da war er gleich ein mehrfaches Phänomen. Zum einen kam da ein · durchaus bereits · arrivierter Burgmime mit knallhartem Rock daher,

und zum anderen blies da ein Mann mit Ende 30 mit seinem Debut so manchem damaligen Youngster die Melodeien nachgerade um die Ohren.

"Nehmt euch in Acht, wir scheuern euch die Gehirne blank, mit schneeweißem New-Wave-Schizo-Punk" lautete denn auch die Generalansage seiner ersten Erfolgssingle. Und weitere Hits folgten auf dem Fuß.

Nach der LP "Morak" (1981) enthielt auch die zweite Langrille · passenderweise "Morak'n'Roll" (1983) geheißen und mit einem damals bahnbrechenden Helnwein-Cover versehen · eine Menge starker Stücke

von "Ich bin Exekutor in einer Rock'n'Roll-Gang, eine hypertrophe hochsensible verheerende Rock'n'Roll-Maschine" bis zu "Ich bin so einsam, ich könnte schreien" reichte damals die Palette.

Der Titel der 3. LP, "Sieger sehen anders aus" (1985) dient auch heute noch so manchem Journalisten als brauchbare Überschrift für jede Art biographischer Artikel. Mit seinem Rockkonzert auf der

Bühne des Burgtheaters 1982 schrieb Morak endgültig heimische Musikgeschichte, die er 1993 um ein 4. Album "Herzstillstand" bereicherte.

Mit 28 Ensemble-Mitglied

Aber eigentlich kam Morak vom Bühnenspiel. Und in dieser Zunft hatte er sich zum Zeitpunkt seiner ersten LP schon einiges an Ruhm erworben. Geboren 1946 in Graz, hatte er zunächst dort, später am

Wiener Reinhardtseminar Schauspiel und Regie studiert. Nach einem ersten Engagement in Düsseldorf wurde er am Wiener Volkstheater mit Rollen in Turrinis "Rozznjogd" und Bauers "Massaker im Hotel

Sacher" zur großen österreichischen Schauspielhoffnung, ein "junger Wilder", der Talent mit Power zu verbinden wußte.

Schon mit 28 Jahren wurde er Ensemble-Mitglied des Burgtheaters, und in der Folge zeichnete ihn seine Zunft mit der Kainz-Medaille und dem Albin-Skoda-Ring aus. 1990 inszenierte Morak erstmals

selbst, und das Stück "Sibirien" aus der Feder des Tirolers Felix Mitterer wurde postwendend einer der größten Erfolge der jüngeren Theatergeschichte. Und diesem seinem angestammten Milieu ist Morak

immer noch treu. Eben probt er unter der Regie von Achim Benning Schnitzlers "Das weite Land".

Damit wäre ein durchschnittlicher Schauspieler wohl auch schon ausgelastet, aber Morak war es immer um mehr zu tun, als bloß auf der Bühne zu stehen und seinen Text aufzusagen. Und wie er seinen

Rollen besonderen Ausdruck verlieh, und wie seine Songtexte durchaus auch Lyrikpreise verdient hätten, so befaßte er sich bald schon mit den Rahmenbedingungen, vor deren Hintergrund in unserem Land

Kultur produziert wird. Diese Beschäftigung mit Kulturpolitik führte im November 1994 dazu, daß Morak für die ÖVP in den Nationalrat einzog, und gleich die Funktion eines Kultursprechers übernahm.

Knapp vier Jahre später kann sich Moraks Bilanz durchaus sehen lassen. Hauptpunkt der kulturpolitischen Tätigkeit war die Neugestaltung der Grundlagen der "Kulturschlachtschiffe" (Morak)

Bundestheater und -museen. Um mehr Flexibilität zu ermöglichen, brauchte es eine Ausgliederung, ist der Schauspieler überzeugt. Umdenken tat not: "Die schönste Kritik in den Zeitungen genügt nicht,

wenn man vor einem leeren Haus spielt", meint Morak. Für den Theatermacher müsse es sich wieder lohnen, Einnahmen zu vermehren.

Bisher sei es mehr oder weniger egal gewesen, welche Auslastung man erreichte, honorierte die "kontraproduktive Kameralistik" Erfolge doch überhaupt nicht. Nunmehr mit entsprechender

Eigenverantwortung ausgestattet, erwartet sich Morak von den Bundestheatern eine signifikante Effizienzsteigerung.

Ähnlich sieht Morak die Lage beim Film: "Der Film ist in Österreich ein junges Medium · er ist erst 100 Jahre alt. Daher muß hier immer noch etwas auf den Weg gebracht werden." Es brauche

entsprechende Grundvoraussetzungen und Strukturen, die den Produzenten garantieren, daß sich Erfolg auch lohnt. "Es braucht eine Kulturoffensive, man muß ein klares Investitionszeichen setzen", so

das politische Credo. Das neue Filmförderungsgesetz sei denn auch unter diesen Auspizien zu sehen. Nunmehr werde Erfolg nach der Resonanz bei internationalen Festivals und beim Publikum

gemessen, und dies garantiere, daß nicht länger Produktionen, die praktisch unter Ausschluß der Öffentlichkeit laufen, allein die Lorbeeren ernten können.

Generell aber braucht es, Morak zufolge, einen neuen Kunstbegriff: "Problematisch ist die engstirnige Sicht auf die Kunstförderung, die wesentliche Bereiche in der Kulturproduktion verzerrt. Der

Kunstbegriff muß erweitert werden um Bereiche wie Design, Architektur oder Mode. Es ist doch nicht einzusehen, warum jemand wie Helmut Lang nach New York gehen muß, um Karriere machen zu können." Es

seien die neuen Medien, die heute einen größeren Einfluß auf die Menschen ausübten und in der täglichen Rezeption allgegenwärtig seien. Morak: "Der erweiterte Kunstbegriff ist hier von prägender

Bedeutung."

Morak mahnt auch ein Überdenken der bisherigen Förderungsstruktur ein: "Da möchte ich an die Äußerung Staatssekretär Wittmanns vom Ende der Gießkanne erinnern. Das Ende der Gießkanne setzt eine

Evaluierungskultur voraus." Aber auch neue Formen der Vermittlung der Angebote, so der Kultursprecher.

Politik nicht verleidet

Nach vier Jahren ist Morak die Politik jedenfalls nicht verleidet: "Ich mache diese Sachen gerne, konnte ich mein Hobby, das Theater, das ich zu meinem Beruf machte, nun parlamentarisch ausweiten.

Wenn man mich nächstes Jahr fragt, ob ich weiter als Abgeordneter tätig sein will, so werde ich daher sicher nicht nein sagen."

Bleibt ob vielfacher Verpflichtungen als Künstler und Politiker Zeit zur Muße, so ist es wiederum die Kunst, der Morak sein Augenmerk schenkt. Gegenwärtig beschäftigt er sich wieder einmal mit Kafka,

ein Autor, der ihn quasi sein ganzes Leben lang begleitete. Aber auch die Zeitgeschichte hat es Morak angetan, der sich sofort nach Erscheinen des Werkes Gerald Stourzhs "Um Einheit und Freiheit"

besorgt hat, um sich · wieder einmal · mit der österreichischen Nachkriegsgeschichte zu befassen. "Sonst", sagt der Actor, "bin ich ein leidenschaftlicher Häuslbauer. Das ist eine spannende

Beschäftigung, wenn ich auch glücklicherweise bereits über die Phase von Düringers Hinterholz 8 hinaus bin. Zu tun gibt es aber immer noch genug." Das gilt auch für die Kulturpolitik.Õ

Andreas P. Pittler ist Mitarbeiter des Parlamentarischen Pressedienstes

NOVEMBER 1998