Europas Ex-Kolonialmächte sollen ihre Schulden begleichen. | Eine Anekdote aus dem Leben des bolivianischen Präsidenten: Als er - einer Einladung folgend - am Flughafen in Spanien ankam, forderte ihn die Einreisebehörde auf, 500 Dollar zu berappen. Angesichts seiner leeren Brieftasche sagte Evo Morales: "Ihr habt uns 500 Jahre lang ausgeraubt und jetzt sind nicht einmal 500 Dollar übrig!" Daraufhin ließen ihn die verdutzten Beamten passieren.
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Genau dieselbe Taktik schwebt Evo Morales auch für Bolivien vor. Die Staatskasse des komplett verarmten Landes ist leer. Als erster indigener bolivianischer Präsident präsentiert er sich vorrangig als Vertreter der Ureinwohner seines Landes und verweist auf die Schuld, welche die früheren europäischen Kolonialmächte ihm und seinem Land gegenüber hätten.
Die erste Konsequenz ist die Verstaatlichungswelle in Bolivien, die gerade erst begonnen haben dürfte. Denn die Bolivianer - vor allem die indigene Bevölkerung - haben laut Morales das Recht, sich die natürlichen Ressourcen des Landes zurückzuholen, die ihnen von anderen Völkern weggenommen wurden.
Unter diesen findet sich auch Spanien mit dem Energiekonzern Repsol, der auch in Bolivien aktiv ist. Gleichzeitig fordert Morales von Spanien, das er als strategischen Partner bezeichnet, Bolivien seine Schulden zu erlassen. Darüber hinaus wartet er auch noch auf die Verdopplung der spanischen Hilfszahlungen, die ihm vom spansichen Premier José Luis Rodriguez Zapatero im Falle eines Wahlsiegs zugesichert worden seien.
Bleibt einerseits die Frage offen, ob Spanien nun gedenkt einen Präzedenzfall im Sinne Boliviens zu schaffen. Und andererseits, ob sich die anderen Staats- und Regierungschefs Europas ebenso leicht überrumpeln lassen werden, wie die verdutzten spanischen Grenzbeamten.