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Moralinstanzen haben’s schwerer

Von Christina Böck

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Bob-Dylan-Fans sind streng. Nicht so wie Justin-Bieber-Fans, die dem Affen-im-Stich-Lasser nach allerlei Eskapaden noch die Treue schwören. Bob-Dylan-Fans sind anders. Die zürnen ihrem Heros, weil er in der Superbowl-Werbung in einem Spot für Chrysler mitgewirkt hat. Der Protestsänger habe seine Ideale verraten und sich als Autoverkäufer prostituiert.

Bob-Dylan-Fans sind aber auch vergesslich. Denn es ist nicht das erste Mal, das sich die Musikikone in den Dienst des Kommerzes stellt. Es ist noch nicht einmal das erste Mal, dass er für Autos Werbung macht. Und dass er vor einigen Jahren iTunes und den iPod beworben hat und damit am Umbruch des globalen Musikgeschäfts auch ein bissl schuld ist, das vergisst man gern ganz schnell.

Aber Bob-Dylan-Fans schauen auch nicht wirklich genau hin. Denn das Schlimme an dem Werbespot ist eigentlich nicht, dass Bob Dylan mitspielt. Das Schlimmste daran ist der übel-schwülstige Text, den er da spricht. Ein Mann, dem viele zumuten, den Literaturnobelpreis verdient zu haben. Er erklärt nämlich, dass man vieles importieren könne, nur eines nicht: amerikanischen Stolz. Und deshalb sollen die Landsleute sich doch ihre Handys von Asiaten zusammenbauen lassen (eine erheblich zynische Anspielung, bedenkt man die immer wieder kritisierten Arbeitsverhältnisse, siehe Seite 31 - und überhaupt im Hinblick auf seine eigene Apple-Vergangenheit), aber ihre Autos in der Heimat kaufen.

Toyota hatte für seinen Superbowl-Werbespot übrigens die Muppets gebucht. Gute Wahl. Deren moralischer Anspruch ist bekanntlich weniger angreifbar.