Einem Doppelanschlag im Zentrum der irakischen Hauptstadt Bagdad fielen am Sonntag vermutlich mehr als 140 Menschen zum Opfer. Nach Angaben von vier Krankenhäusern wurden etwa 600 weitere Menschen verletzt, als am Justizministerium und am Sitz des Gouverneurs von Bagdad in kurzen Abständen Autobomben explodierten.
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Die Attentate könnten gegen die Parlamentswahl im Jänner gerichtet sein.
Die erste Autobombe detonierte gegen 10.30 Uhr Ortszeit (8.30 Uhr MEZ) an einer belebten Straße zwischen den Ministerien für Justiz und Arbeit im Herzen der Stadt, wie ein AFP-Reporter berichtete. Das präparierte Fahrzeug sei mitten auf der Straße explodiert. Feuerwehrleute bemühten sich mit Feuerwehrleitern um einen Zugang zu den oberen Stockwerken der stark beschädigten Regierungsgebäude, in denen weitere Opfer befürchtet wurden.
Zehn Minuten später ging die zweite Autobombe im Stadtteil Salhiyeh hoch. Vor dem Gouverneurssitz lagen Leichen und Leichenteile verstreut. Rettungskräfte bargen verkohlte menschliche Überreste aus zerstörten Fahrzeugen. Einige Leichen seien zu heiß gewesen, um sie anzufassen und hätten in Tücher gewickelt werden müssen, sagten Retter. Durch die Wucht der Explosionen wurden umliegende Gebäuden stark beschädigt, Fensterscheiben gingen zu Bruch. Abwasserleitungen zerbarsten und setzten ganze Straßenzüge unter Wasser. Dicke Rauchwolken standen über den Anschlagsort. Die Polizei riegelte die Zufahrtsstraßen ab, um Feuerwehrfahrzeuge und Rettungswagen ein Durchkommen zu ermöglichen.
Kurze Zeit nach der Explosion in Salhiyeh begab sich Ministerpräsident Nuri al-Maliki zu dem Anschlagsort am Gouverneurssitz. Er sprach mit Hilfskräften und Sicherheitsbeamten, verzichtete aber zunächst auf eine offizielle Stellungnahme zu dem Attentat. Regierungssprecher Ali el Dabbagh erklärte, der Anschlag weise die Handschrift von Al Kaida und seiner Verbündeten auf und könnte gegen die geplante Parlamentswahl im Jänner gerichtet sein.
Der Nationale Sicherheitsrat im Irak bemüht sich derzeit um eine Beilegung des Streits um ein neues Wahlrecht, damit Mitte Jänner gewählt werden kann. Das größte Problem ist dabei der Streit um die nördliche Erdölstadt Kirkuk, die an das autonome Kurdengebiet grenzt. Die kurdische Autonomieregierung will Kirkuk in das Kurdengebiet eingliedern, was die dort lebenden Araber und Turkmenen aber ablehnen. Zunächst war geplant, dass das Parlament schon am Montag über ein neues Wahlrecht abstimmen sollte.
Die Zahl der Anschläge im Irak ist seit dem Rückzug der US-Soldaten aus den Städten am 30. Juni wieder stark gestiegen. Am 19. August wurden bei Anschlägen auf das Außen- und das Finanzministerium in Bagdad rund 100 Menschen getötet und mehr als 600 verletzt. Damals machte die Regierung Anhänger der verbotenen Baath-Partei des gestürzten Machthabers Saddam Hussein verantwortlich, denen Syrien angeblich Unterschlupf gewährt. (APA)